Linus, es ist ja schön, wenn Du mit modernen Master-Volume-Mehrkanal-Modelling-whatever-Kisten gut klarkommst.
Meinen Wohlfühl-Sound kriege ich leider nicht mit Vorstufenzerre oder Ampmodelling - wenn das für Dich anders ist, freu Dich.
Es besteht also kein Anlass, daraus eine Grundsatzdebatte flechten zu wollen.
Ausser mir, der ich aber nur noch seltenst auf der Bühne stehe, benutzen meines Wissens Tom, Keef und Spanish Tony solche "Boliden", wenn es um Rocksound/Rockband geht.
Ich mag mich da aber auch irren, vielleicht mögen sich die Übelmänner ja auch selbst outen
Das Grundmissverständnis scheint mir dieses zu sein:
Klassische 50- oder 100-Watt-Marshalls oder die fetten Fenders sind nicht mit dem Ziel entwickelt worden, "live-taugliche Amp-Zerre" oder "den amtlichen Rocksound" anzubieten.
Das tun die zwar (für bestimmte Situationen)
auch, aber gebaut wurden die für Cleansound-Reserven auch bei hohen Lautstärken.
Wer es mal ausprobiert hat, weiss, dass solche Amps eben nicht nur bei "dialed to 10" toll klingen.
Zudem sind es nicht umsonst gerade diese Amps, die sehr oft und gern mit Pedalzerre (und anderen Effekten) gefüttert werden.
Die übertragen solche Sounds nämlich stabil, druckvoll, ortbar, plastisch, "dreidimensional", whatever .
Genauso so eingesetzt sehe ich recht oft "klassische Boliden" (oder deren moderne Nachfahren) auf Bühnen, und das nicht nur im Rockbereich.
Einige "Irre", wie ich beispielsweise, wollen und spielen aber auch Ampzerre im Sinne von Endstufen-Clipping und Speaker im obersten Viertel ihrer Belastbarkeit.
Gemäß des Keith-Richards-Tipps: "Wenn Deine Gitarre groß klingen soll, nimm einen kleinen Amp und dreh ihn auf."
Das ist auch immer eine Frage des Genres und des Bandsounds.
Aber diese "Irren" benutzen dann meist Amps bis maximal 30 Watt nominell und wählen Lautsprechertpyen, deren Anzahl und die Boxenbauweise mit Bedacht.
Ziel (zumindestens bei mir): Das Ganze möge von der Lautstärke her mit einem solid gespielten Akustikschlagzeug harmonieren.
Und ja, das ist nicht leise, das Ding heisst ja Schlagzeug, nicht Streichelzeug.
Clubs oder Stadtfeste, welches den Pegel einer klassischen Rockband nicht tolerieren wollen oder dürfen, sollten eben nur Low- oder Lounge-SPL-Bands buchen.
Oder ihr Verständnis von Live-Musik überdenken - hat schon mal jemand live normal geblasene Trompete, Posaune oder Saxophone gehört?
Tonings hingegen sollten grundsätzlich erkennen, dass es ihr Job ist, möglichst sinnvoll das ins Publikum zu übertragen, was auf der Bühne passiert.
Exzessen vorzubeugen oder gute Tipps geben ist wunderbar, aber wenn Tonings meinen, Musikern vorschreiben zu können, was in/mit seiner Band geht, welchen Sound die zu fahren haben, wird's m. E. lächerlich.
Denn davon verstehen insbesondere gestandenere Musiker oft mindestens genauso viel wie die, meistens sogar leider mehr.
Könnte auch daran liegen, dass die Faderschubscher-Bubis vom SAE & Co in ihrer Ausbildung heutzutage überhaupt nicht mehr an echte Instrumente herangeführt werden.
Da macht so ein JTM 45 oder ein AC30 vielleicht Angst.
linus hat geschrieben: ... es ist keine Hexerei mehr, bei erträglicher Bühnen-Lautstärke einen guten Sound hinzubekommen - denn im Gegensatz zu der Fingerfertigkeit kann man guten Sound kaufen... (vs. guten Ton, den entscheiden die Finger) !
Stimmt, Hexerei ist es sowieso nicht. Aber was käuflich erwerbbarer guter Sound ist, bleibt eben Geschmackssache.