Alt und jung ...

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Markus
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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Markus » Mo 28. Aug 2017, 10:57

Ich finde das "Thema" für mich sehr interessant. Ich weiß, dass ich als 18-jähriger Rotzlöffel zwar möglicherweise kreativer war als heute als 56-jähriger Zausel. Aber andererseits finde ich, dass ich heute bewusster Musik mache und deshalb so auf kreative Ansätze komme, die mir früher nicht eingefallen wären. Außerdem bin ich überzeugt davon, dass ich heute deutlich besser Gitarre spiele. Für irgendetwas muss Erfahrung ja auch gut sein. Ich habe jedenfalls nicht den Eindruck, dass mir musikalisch schon die Puste ausgeht :dance1:

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Cat Carlo
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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Cat Carlo » Mo 28. Aug 2017, 11:24

Quatsch! Aber unbestreitbar: Früher war vieles anders. Es gab Gutes, es gab Schlechtes. Warum soll man den neuen Generationen das Gute vorenthalten?

Was ich vor allem meinte: Vielleicht liegt das "Neue" nicht in der Musik selber, sondern in der Art der kulturellen Entwicklung?

Witzig zu meinem vorherigen Post: Da spielen 30-Jährige die Musik von Cream und am nächsten Tag darauf angesprochen, guckt mich ein über 50-jähriger mit großen Augen an: Er kennt das nicht!

Tom

Re: Alt und jung ...

Beitragvon Tom » Mo 28. Aug 2017, 11:32

buttrock hat geschrieben:Und wenn schon, mehr als "früher war alles besser, weil die Musik nicht mehr so ist, wie als ich 25 war" wird als Analyse schon nicht rauskommen.

Ja, das ist auch so eine Haltung, die in diesem Diskurs rumgeistert und die ich gerne bloßstellen würde.
Diese welche trägt ja ebenfalls zum musikalisch-kulturellen Dahinschnarchen bei - oder anders gesagt: zur Ignoranz gegenüber der Avantgarde.
Das, denke ich ist kein popkulturelles Phänomen, sondern fast in der "E-Musik" :aah:
noch ausgeprägter. Wobei da der ganze Popanz von Verklausulierung bis zur geschickten Ausnutzung von Kulturetats noch im Geschehen aufbläht, scheint mir.
Eine Abgrenzung noch: mir persönlich sind Genres, Szenen, Haltungen bei Popmusik/Popkultur am allerwurschtesten. Bis hin zu deutlicher Abneigung und Ablehnung. Mich interessiert letztlich bloß die Musik, die dabei rauskommt. Oder so hätt ichs zumindest gern :flower:

buttrock

Re: Alt und jung ...

Beitragvon buttrock » Mo 28. Aug 2017, 11:39

"Kultur" ist für mich halt mehr als das "Schallereignis". Zumal letzteres nie ohne Kontext existiert und sich der "Überbau" immer in der Musik spiegelt und umgekehrt.

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Reinhardt
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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Reinhardt » Mo 28. Aug 2017, 12:06

Interessanterweise ist dem oft von der Kulturkaste diskreditierten sogenannten "Ich höre alles-Laien" solche Schubladisierung ohnehin wurscht.
Und darauf angesprochen wird die Aussage des Waldundwiesenmusikkonsumenten dann aber fast immer nochmals weiter präzisiert in
"Ich höre alles außer Jazz" inklusive der Tatsache, überhaupt nur nebulöse Deutungen parat zu haben, was denn "dieser Jazz" für ihn/sie darstellt.
Geht man dann mal das "Alles" durch, kann man mit etwas Bösartigkeit meistens darauf die weitere Aussage "ach, DAS alles zählt (auch) zu Jazz?" provozieren.

Wenn Esbjörn Sevensson sich jemals Gedanken darüber gemacht hätte, ob das, was sein Trio da tut, Jazz ist oder Rock oder Klassik, hätte er nur halb so viele Platten produzieren können. Manchmal reicht als Attribut halt doch einfach "unglaublich viel musikalische Musik".
Aber in welchem Formatradiosender bringen wir das heimlich unter? Hach ja.

buttrock

Re: Alt und jung ...

Beitragvon buttrock » Mo 28. Aug 2017, 12:39

Genrebezeichnungen sind ja auch keine Dogmen. Wenn man über Musik nachdenkt und spricht fallen einem vielleicht Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf und dafür entwickeln sich dann Begrifflichkeiten. Wer sich davon in seiner Musikauswahl oder gar seinem Musikschaffen hemmen und einschränken lässt, ist nunmal selber blöd. Das ist nicht die Schuld der Begriffe.

Jetzt fehlt nur noch das saublöde Zitat mit "dancing about architecture" :mrgreen:

Tom

Re: Alt und jung ...

Beitragvon Tom » Mo 28. Aug 2017, 12:40

buttrock hat geschrieben:"Kultur" ist für mich halt mehr als das "Schallereignis". Zumal letzteres nie ohne Kontext existiert und sich der "Überbau" immer in der Musik spiegelt und umgekehrt.

Das ist eine sehr vertretbare Ansicht. Ich hab absichtlich geschrieben, daß ich es gern anders hätte, wahrscheinlich aber genauso vom Überbau beeinflusst bin. Wollte durchaus angreifbar sein.
Selbstbeobachtung z.B.: FM4 dreh ich immer ab, weil mich die Haltung dahinter (Indie ist von Haus aus besser) nervt.
:dontknow:

buttrock

Re: Alt und jung ...

Beitragvon buttrock » Mo 28. Aug 2017, 13:20

Wie wird das dort kommuniziert? Die Musikauswahl auf der Website ist ja ehr so Studentendisko. Das taugt für meinen Distinktionswahn nur bedingt.
Zuletzt geändert von buttrock am Mo 28. Aug 2017, 13:41, insgesamt 1-mal geändert.

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Reinhardt
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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Reinhardt » Mo 28. Aug 2017, 13:41

Das würde mich auch mal interessieren. Ist das offene Attitüde oder eher unterschwellig?
By the way: Sudetendisko oder Studentendisko?

buttrock

Re: Alt und jung ...

Beitragvon buttrock » Mo 28. Aug 2017, 13:42

:laughter: fixed

Tom

Re: Alt und jung ...

Beitragvon Tom » Di 29. Aug 2017, 21:06

buttrock hat geschrieben:Wie wird das dort kommuniziert? Die Musikauswahl auf der Website ist ja ehr so Studentendisko. Das taugt für meinen Distinktionswahn nur bedingt.

Liegt an den Leuten die ich kenne und die das gut finden.
Inzwischen (inzwichen) ist Samstag Dancemukke und electronica, gar ned schlecht und sonst halt alles, was nicht chartverdächtig ist. Aber halt auch nix, was irgendwem weh tut. Oder aus der Ruhe bringt.

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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Reinhardt » Di 29. Aug 2017, 21:20

Bei einer Führung im Funkhaus des SWR sagte ein Redakteur dort mal quasi fast wortwörtlich Ähnliches über die Prämisse, nach der bei ihnen die Musik ausgesucht wird. Sprich, bloß nichts, was die Leute aufweckt, verstört, verwirrt, überrascht, herausfordert in ihrer Matrix-Gebärmutter, damit sie friedlich weiterschlummern, gemästet und ausgeweidet werden können. Ok, Letzteres hat nicht er gesagt.
Aber schon Ersteres sagt trotzdem viel über die Verachtung Musikverbreitender gegenüber ihrem Publikum aus. Gut, Verachtung im schlimmsten Fall. Vielleicht ist es im Frühstadium einfach Frustration. Also wenn man außer Reichweite, Quoten und Deckungsbeitrag noch einen Funken Anspruch als DJ im Leib hatte.

buttrock

Re: Alt und jung ...

Beitragvon buttrock » Di 29. Aug 2017, 21:43

Radio ist halt schon lange nicht mehr das Medium für Aufregendes.
@Tom: Leute die Fm4 als Abgrenzungsvehikel nutzen, sind schon harter Tobak :mrgreen:
@Multi: Die subversive Kraft von Popmusik ist eh überschätzt und ihre stabilisierende Wirkung umgekehrt auch. Aber ärgerlich ist das Radioprogramm im Allgemeinen natürlich schon.

Tom

Re: Alt und jung ...

Beitragvon Tom » Di 29. Aug 2017, 23:19

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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Reinhardt » Mi 30. Aug 2017, 10:42

Ja wie soll man in einer Gesellschaft, die verlernt hat, über Werte zu diskutieren, auch ernsthaft mit Musik anecken können?
Das Redakteursverständnis eines DJs ist heute somit folgerichtig nahe null.

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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Markus » Mi 30. Aug 2017, 12:04

Multitone hat geschrieben:Bei einer Führung im Funkhaus des SWR sagte ein Redakteur dort mal quasi fast wortwörtlich Ähnliches über die Prämisse, nach der bei ihnen die Musik ausgesucht wird. Sprich, bloß nichts, was die Leute aufweckt, verstört, verwirrt, überrascht, herausfordert in ihrer Matrix-Gebärmutter, damit sie friedlich weiterschlummern, gemästet und ausgeweidet werden können. Ok, Letzteres hat nicht er gesagt.
Aber schon Ersteres sagt trotzdem viel über die Verachtung Musikverbreitender gegenüber ihrem Publikum aus. Gut, Verachtung im schlimmsten Fall. Vielleicht ist es im Frühstadium einfach Frustration. Also wenn man außer Reichweite, Quoten und Deckungsbeitrag noch einen Funken Anspruch als DJ im Leib hatte.



Ähnlich argumentierte vor ein paar Monaten mal der Marketingchef eines großen privaten Rundfunksenders, den ich bei einer Diskussionsveranstaltung der hiesigen IHK erlebt habe. Die Zuhörerinnen und Zuhörer bekommen immer die selben Songs in einer vergleichsweise kurzen Rotationsschleife. Die Marketingexperten wissen genau, wie lang die Mitglieder der jeweiligen Zielgruppen vor dem Radio sitzen. Und diese Verweilzeit bestimmt die Zeitspanne, in der die Songs immer und immer wieder abgenudelt werden. Der Zuhörer soll sich "zu Hause fühlen", egal, wann er (oder sie) das Radio anschaltet. Soll heißen: Wer Tim Bendzko oder Adel Tawil hört, fühlt sich sofort zu Hause :facepalm:

Um Musikauswahl oder gar Kultur geht es in einem solchen Szenario nur am Rande. Es geht um Kundenbindung, Werbezeiten, um den Aufbau von Zielgruppen und um die Entwicklung und Positionierung medialer Produkte...

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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Reinhardt » Mi 30. Aug 2017, 12:35

Das mag ja alles wunderbar sein bei privaten Formatradios. Die unterwerfen sich den Marktregularien wie jeder andere Betrieb auch. Sollen sie. Sie verdienen nur so ihr Geld.
Ich erkenne aber bei staatlich finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern abgesehen streckenweise von den 2er-Programmen oder Deutschlandradio die ihnen gesetzlich auferlegte kulturelle Aufgabe nur noch rudimentär erfüllt. Da fährt aber niemand dazwischen.

Tom

Re: Alt und jung ...

Beitragvon Tom » Mi 30. Aug 2017, 12:55

Verweilzeit is the new Ding, ich sags euch.

Schnabelrock

Re: Alt und jung ...

Beitragvon Schnabelrock » Mi 30. Aug 2017, 13:35

Markus hat geschrieben:Ähnlich argumentierte vor ein paar Monaten mal der Marketingchef eines großen privaten Rundfunksenders, den ich bei einer Diskussionsveranstaltung der hiesigen IHK erlebt habe. Die Zuhörerinnen und Zuhörer bekommen immer die selben Songs in einer vergleichsweise kurzen Rotationsschleife.



Rea Garvey, Rihanna, Mark Forster, Adele und Ed Sheeran im Dauerbeschuss. Und dann kommt die Wunschecke und die Leute rufen an und wünschen sich Ed Sheeran, Adele und Mark Forster. :laughter:

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Re: Alt und jung ...

Beitragvon Reinhardt » Mi 30. Aug 2017, 14:22

Das erste Programm, das ich mir reinquäle, kennt keinen Forster. Vielleicht Karl-Heinz Förster.
Jetzt ehrlich, ich kenne den nur aus Quizshows im Kinderprogramm, weiß eine Menge über den, kenne aber kein einziges Lied. Ich mache mir daher den Spaß, so lange nicht aktiv nach Songs von ihm zu googlen, bis er in meinem Alter ist, ohne je einen gehört zu haben. Schaffe ich das?


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