#11 und b5

Tom

Re: #11 und b5

Beitragvon Tom » Di 26. Mär 2013, 16:55

Matt 66 hat geschrieben:
Tom hat geschrieben:Deswegen soll man sie - nach Berklee - ja bei einer bII7-I nicht benutzen. Du kriegst da ja eine #5, die mit der 5 vom Akkord schon heftig kollidiert. Aber wem`s gefällt...


Im Ernst:
(mal ein paar andere, ähnlich gelagerte Beispiele)
na klar, wenn der Pianist HTGT Style spielt, also immer mit großer Sexte etc. und keine Gelegenheit auslässt, DIESE Ästhetik an den Mann zu bringen wirst du als Solist drauf eingehen müssen. Da klingt deine b13/#5 dann halt shice streng genomen.
Oder: wenn der Pianist bei jeder Gelegenheit substituiert (Mollsubdominant oder Tritonus), und das mit allen möglichen Zwischendominanten und Sekundärdominanten, bist du gut beraten, seine Changes auszuspielen und in diesem Fall notgedrungen viel alteriert zu spielen, weil du dann meistens auf der sicheren Seite bist.

Deswegen geht ja die Sage um, daß man beim Musikmachen zuhören sollte.



Ja, als Begleiter sogar den Solisten versuchen sollte gut klingen zu lassen.


Möglicherweise wird man dann wieder angerufen.


Falls sich's noch nicht rumgesprochen hat:
die Changes im Real- Fake- oder sonstwas Book sind für den interpretierfreudigen Jazzadepten eine sportliche Vorlage, die es gilt bis zur Unkenntlichkeit zu reharmonisieren.
Möglichst mit Coltrane Changes wo's grad irgendwie geht und den oben erwähnten Hindernissen.
Denn Giant Steps muss bei jeder Gelegenheit geübt werden.

Ob die Musik, die dabei rauskommt mühelos wirkt, sei dahingestellt.

Und zum Thema: es ist so shiceegal wie du's nennest, ob #11 oder b5, Hauptsache du kannst damit umgehen.
Also setz dich hin und mach Musik damit.

Und wenn ich in einem Moment Bock auf einen GT Apparat hab und der Pianist spielt einen sus-Berger drüber: so what?

Have Fun!

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Reinhardt
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Re: #11 und b5

Beitragvon Reinhardt » Di 26. Mär 2013, 17:02

Tom hat geschrieben:Was denkst du?
Ich denke, falsch ist relativ. Also bezogen auf etwas.
Bezogen auf Spannenlanger Hansel und der aus diesem Tonmaterial abgeleiteten Ästhetik spielt Rollins falsch.
Bezogen auf die Tradition der afro-amerikanischen Musikkultur der 30er, 40er, 50er und 60er Jahre spielt Rollins richtig.


Das ist die interessante Frage, wieso meine Tochter das so formuliert.

Spannenlanger Hansel ist nicht ohne!

Hm, wenn meine Tochter nur Kinderlieder hören würde, dann wäre es nachvollziehbar, dass ihr da irgendwie der Sonny wehtut. Nun lebt sie aber in einem Haushalt, wo ihr nicht den ganzen Tag funktionsharmonischer Popsalateinheitsbrei um die Hörschnecke gerieben wird. Gypsy Jazz und Boogie Woogie mag sie am liebsten. Ok, das ist näher an Kinderliedern dran als Esbjörn Svensson. Wobei ein nur geringfügig reharmonisiertes "Leise rieselt der Schnee" oder "Schlaf Kindlein schlaf" mehr Akkorde enthält als alles, was so tagsüber auf Radiocharivariantenneregenbogenbigfmirgendwas läuft.
Nebenbei: Ich wage zu behaupten, dass man Rollins bei Benny Goodman noch aus der Band geworfen hätte, wenn er so soliert hätte. Von daher würde ich ihn doch stark post-war einordnen.

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Re: #11 und b5

Beitragvon Reinhardt » Di 26. Mär 2013, 17:05

Tom hat geschrieben:Also setz dich hin und mach Musik damit.

Und wenn ich in einem Moment Bock auf einen GT Apparat hab und der Pianist spielt einen sus-Berger drüber: so what?

Have Fun!


mit der Einstellung hat es John Scofield immerhin zu Weltruhm gebracht, wenn auch nicht auf Radio Sharivari. Was aber auch an den Darmkrämpfen oder der Frisur oder den Hemden liegen kann.

Aristoteles

Re: #11 und b5

Beitragvon Aristoteles » Mo 1. Apr 2013, 22:01

Matt 66 hat geschrieben:Oftmals steht in Realbooks bspw. die Akkordbezeichnung F7b5. Tatsächlich handelt es sich meistens um einen F7/#11. Wo erstgenannter keine 5 haben dürfte, hat zweitgenannter selbige durchaus. In der Praxis der Gitarre ist es aber nun mal so, dass aus fingersatztechnischen Gründen bei erweiterten Harmonien die 5 gerne mal weggelassen wird. Oft klingt sie innerhalb eines Akkords neben der #11 auch nicht gut (auf dem Klavier ist das anders). In der passenden Skala taucht aber durchaus die 5 auf (nämlich beim üblichen Mixo#11 bzw. Lydianb7). Ist das jetzt etwa eine Avoid Note? Nein, natürlich nicht, schließlich spielen wir Jazz.
Ähnlich verhält es sich beim Fmaj7b5. Als Griffbild auf der Gitarre mag sich das so darstellen. Harmonisch ist es aber wohl eher ein Fmaj7/#11, der - Sie ahnen es bereits - ebenfalls eine 5 enthält. Kommt das Lydische nicht erst richtig zur Geltung, wenn neben der #11 auch eine 5 auftaucht? Na bitte, sehen Sie?

Was machen wir nun mit jemandem, der in seiner unschuldigen Naivität über einen notierten F7b5 mit der Ganztonleiter drüberbügelt? Diese enthält ja keine 5, sondern eine #5. Ab nach Sibierien mit Ihm? Nein, nein! Wir schauen zunächst einmal auf den nachfolgenden Akkord. In den meisten Fällen wird dieser einen Halbtonschritt tiefer liegen. In diesem Falle ist Mixo#11 bzw. Lydianb7 absolute Pflicht! Die Ganztonleiter wäre ausschließlich bei einem V-I Verhältnis angesagt. Dann wäre der F7b5 nämlich in Wahrheit ein F7#5/#11. Natürlich ohne 5! Aber das wissen Sie ja bereits!

Schönen Sonntag!


Sach ma... Für WEN in drei Gottes Namen schreibst Du sowas hier?

Hör mal ein bisschen Punkrock oder direkt Modern Talking, das erdet ungemein...


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