Betablocker in der Musik?

tortitch

Betablocker in der Musik?

Beitragvon tortitch » Fr 27. Mär 2015, 17:45

Da hier gerade keine Überbeschäftigung herrscht, kann ich ja mal diese Frage von Michael Sandel zitieren (ist eigentlich aus einem Essay über Bioethik):

Manche Musiker, die unter Bühnenangst leiden, nehmen Beta-Blocker, um vor dem Auftritt ihre Nerven zu beruhigen. [...] Gegner dieser Praxis halten eine von Medikamenten beruhigte Darbietung für eine Art Betrug und vertreten die Auffassung, es sei Teil des Musikerlebens, seine Angst auf natürlichem Wege in den Griff zu bekommen. Befürworter der Beta-Blocker halten dagegen, die Medikamente machten niemanden zu einem besseren Geiger oder Pianisten, sondern beseitigten einfach eine Behinderung, so dass die Ausführenden ihre wahre musikalische Begabung zeigen können. Hintergrund dieser Debatte ist eine Auseinandersetzung darüber, welche Qualitäten jemand besitzen muss, um ein ausgezeichneter Musiker zu sein: Ist Gelassenheit angesichts eines vollbesetzten Hauses wesentlicher Bestandteil einer ausgezeichneten musikalischen Aufführung, oder ist sie bloß Begleiterscheinung?

Han Solo

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Han Solo » Fr 27. Mär 2015, 18:37

Und irgendwann bekommen sie einen Herzinfarkt und wissen nicht warum...

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Zakk
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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Zakk » Fr 27. Mär 2015, 18:40

Ich bezweifle die Wirkung von Beta-Blockern in dem Sinne, dass sich dadurch eine Beruhigung oder gar eine Angst beseitigende Wirkung erzielen lässt.

Die senken den Blutdruck. Fertig. Evtl. machen sie minimal entspannter. Die Unterschied ist minimal.

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Aldaron
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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Aldaron » Fr 27. Mär 2015, 20:31

Erfahrung und Biere sind gesünder. Ich mach mir bei neuen Songs oft in die Hose, verläuft sich dann von Konzert zu Konzert wieder. Haha! Verläuft sich ...

Wegen sowas Pillen einschmeißen ist doch scheiße.

Han Solo

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Han Solo » Fr 27. Mär 2015, 21:06

Es gibt auch Leute, die vorbeugend Aspirin fressen und sich dann wundern, dass sie irgendwann Magenblutungen bekommen.

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Zakk
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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Zakk » Fr 27. Mär 2015, 21:21

Aldaron hat geschrieben:Erfahrung und Biere sind gesünder. Ich mach mir bei neuen Songs oft in die Hose, verläuft sich dann von Konzert zu Konzert wieder. Haha! Verläuft sich ...

Wegen sowas Pillen einschmeißen ist doch scheiße.


Das wundert mich jetzt. Ich dachte Deine Religion verbietet Dir das Trinken von alkoholischen Getränken!??

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Aldaron » Fr 27. Mär 2015, 21:53

Klar, Jesus hat Wasser zu Spezi gemacht.

tortitch

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon tortitch » Fr 27. Mär 2015, 22:01

Der Gesundheitsaspekt ist die eine Sache. Es taucht in dem Zitat aber auch der Ausdruck "Betrug" auf. Allgemein scheint es also um die Zulässigkeit von Hilfsmitteln zu gehen. Betablocker sind da nur ein Beispiel. Anderes Beispiel: Es wurde doch mal von Keith Richards kolportiert, dass er gewisse Soli nicht live spiele, sondern dass da Einspielungen von der Konserve kommen. Tut das der Sache nun einen Abbruch? Macht das Richards zu einem weniger ausgezeichneten Musiker? Gehört es also zu den wesentlichen Eigenschaften eines ausgezeichneten Musikers, seine Sachen jeden Abend live auf die Bühne zu bringen?

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Aldaron » Fr 27. Mär 2015, 22:09

Das ist in meinen Augen schon ein Unterschied. Hm ... Es gibt ja noch Baldrian!

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Aldaron » Fr 27. Mär 2015, 22:18

Mich würd interessieren: ist jemand wie Keith noch nervös? Bei manchen Leuten sieht man ja, dass sie förmlich im Jubel baden.

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Aldaron » Fr 27. Mär 2015, 23:40

Nochmal zu deiner Frage: ich find Samples ok, wenn zum Beispiel ein Orchester zum Sound gehört, aber nicht immer im Gepäck ist. Die Musiker der Band will ich schon gern live hören - mit allen Ecken und Kanten. Was die mit ihrer Gesundheit machen um das Konzert über die Bühne zu bringen, geht mich nichts an. Ich bin auf der Bühne lieber voll da, trinke aber gern 1-2 Bier zum locker werden. Das ist ja auch kaum Betrug.

Hihi, einmal hab ich bei ner Rockband ausgeholfen, Bierzelt, 3000 Leute Fassungsvermögen und bereits gut gefüllt. Weil das Bier umsonst und die Temperatur hoch war, war das ein sehr ... lustiger Gig. Da war der Anspruch aber auch nicht sehr hoch. :dr01:

Han Solo

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Han Solo » Sa 28. Mär 2015, 00:52

tortitch hat geschrieben:Gehört es also zu den wesentlichen Eigenschaften eines ausgezeichneten Musikers, seine Sachen jeden Abend live auf die Bühne zu bringen?


Definitiv ja. Denn dafür zahlt das Publikum. Ansonsten kann ich mir auch die CD zu Hause anhören.

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Cat Carlo » Sa 28. Mär 2015, 08:38

Wat is'n dat für 'ne Dikussion? Habt Ihr noch alle? Schon ma' wat von Henry Jimex oder Jennise Joblin gehört? Oder die 200-jährigen Gesichter der Stones jesehn? Sowat muß man sich mühsam jahrelang zusammenspritzen! Und nee, Botox is nich jemeint.

Wird ich mit folgendem Spruch aus der politisch korrekten und weich gespülten Gemeinde ausgeschlossen:

Sex and Drugs and Rock'n Roll

Und zu den Beta-Blockern: Da hat sich ein Youngster aus der Odenwaldschule wohl etwas überangagiert. In dem Alter, in dem die meisten Rocker heute sind, gehören Beta Blocker zur Standard-Medikation!

Und wat den Beschiss darstellt mit Playback und so: Wenn einer 'ne Konserve abspielt auf der Bühne ist das erst mal ok. Im Kino bezahlt man ja auch dafür. Aber wenn er dazu so tut, als ob er Live selber spielt, dann ist dat Beschiss.

Gruß vom Kater und einen schönen Tach!

buttrock

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon buttrock » Sa 28. Mär 2015, 12:47

Die Dopingdebatte erreicht die Rockmusik :laughter:
Im Ernst: Es gibt genug gute Gründe sich nicht chemisch für irgendwelche Aufgaben zu optimieren, die Frage nach künstlerischer Integrität gehört für mich ehr nicht dazu.

tortitch

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon tortitch » Sa 28. Mär 2015, 16:00

Umgekehrt muss es wohl eher (mit zwei E) gehen: Ob die chemische oder genetische Optimierung die künstlerische Integrität beschädigt.

buttrock

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon buttrock » Sa 28. Mär 2015, 19:00

Nein, wieso auch? Es ist ja kein Wettbewerb wie beim Sport wo man sich unter gewissen Regeln misst und man dann diese Regeln unter umständen bricht. Wenn ich ne Band live sehe und bei meinem Lieblingssong ne Gänsehaut kriege, dann ändert die Tatsache, dass der Sänger gekokst hat oder der Gitarrist auf Betablockern ist nichts an meiner Rezeption. Das kann wohl nur für jemanden relevant sein, bei dem auch bei der Kulturerzeugung ein Leistungprinzip gilt. Und nichts könnte mir fremder sein.

tortitch

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon tortitch » Sa 28. Mär 2015, 19:23

Nun ja, hält das Leistungsprinzip nicht genau dann Einzug, wenn Optimierungen ins Spiel kommen?
Oder auch diese Betrachtung: Stell dir vor, es kann ein Musik-Gen identifiziert werden und jemand wird (z.B. per PID) von seinen Eltern mit diesem Gen ausgestattet. Das musikalische Talent würde aufhören eine natürliche Gabe zu sein. Es wäre Resultat einer Leistung (die die Eltern erbringen). Das ist jetzt 'Leistung' in einem etwas anderen Sinne, aber trotzdem. Würde das Wissen um solche Optimierung nicht vielleicht doch deine Rezeption beeinflussen?

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Cat Carlo » Sa 28. Mär 2015, 20:15

Also ich bin da voll auf der Seite von Buttrock. Das vergleichende Leistungsprinzip hat in der Kunst nix zu suchen. Da die Akzeptanz und das Gefallen individuell und je nach Konsument sehr unterschiedlich sein können, gibt es kein generelles Besser oder Schlechter. Nur individuelles Gefallen oder nicht Gefallen.

buttrock

Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon buttrock » Sa 28. Mär 2015, 20:43

Ich kann mir die Existenz eines solchen Genes nicht vorstellen, da mich sehr unterschiedliche Musik auf sehr unterschiedlichen Ebenen berührt und begeistert hat. Aber genetische Optimierung und Betablocker gegen Lampenfieber würd ich in der Tat unterschiedlich bewerten.

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Re: Betablocker in der Musik?

Beitragvon Aldaron » Sa 28. Mär 2015, 21:24

Geht schon ein bisschen arg in Richtung Sci-Fi mit dem Musik-Gen.

Aber den Musikantenknochen, den gibts!


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