Sprachbarrieren

tortitch

Sprachbarrieren

Beitragvon tortitch » Do 15. Nov 2012, 17:23

Beim Friseur und in Musikaliengeschäften habe ich oft das Gefühl, dass die Leute da eine andere Sprache sprechen. Unter bestimmten Wörtern verstehen sie offenbar etwas anderes als ich. Und ich würde einfach gern besser zurecht kommen.
Was ist zum Beispiel ein "warmer" Sound?
Gruß
T.

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Bassfuss
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Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Bassfuss » Do 15. Nov 2012, 17:31

Moin,

ich komme oft auch mit so mancher Umschreibung nicht klar.

Warm meint menschlich, nicht maschinell kalt. Aufs Schlagzeug bezogen könnte das beispielsweise einerseits ein Schlagzeug im Industrial-Metal sein, was ambossmäßig kalt klingt. Stelle Dir dagegen einen Drumssound wie bei Simon Phillips vor: offene Klänge, Snares, die wie Snares klingen, runde, ausgewogene Klänge.

Grüße, Frank

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Do 15. Nov 2012, 17:41

Na komm, Torty! Wenn ich Dir zwei Gitarrensounds vorspiele, und Dich frage, welcher klingt für Dich "warm", der eine ist mit dem Hals-P.U. einer 335 gespielt, der andere mit dem Steg-P.U. einer Tele, wirst Du mit der Antwort wohl nicht lange ringen! Was sich Dein Friseur allerdings unter einer "warmen" Frisur vorstellt, will ich glaube ich gar nicht wissen!

tortitch

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon tortitch » Do 15. Nov 2012, 17:46

Ja, Gamma, in dem Fall dürfte eine gewisse Einigkeit bestehen. Aber spätestens, wenn es heißt, ein Röhrenverstärker klinge im Unterschied zu einer Transe "warm", nicke ich nur noch wissend, während ich in Wirklichkeit keine Ahnung hab, wovon die Rede ist.
Oder ist "warm" im Prinzip dasselbe wie "dumpf"?

tortitch

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon tortitch » Do 15. Nov 2012, 18:14

Völlig und restlos ratlos bin ich bei "holzig", "kehlig" und "samten" (meist im Zusammenhang mit Höhen).
Gibt es da irgendwelche Eselsbrücken?

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Do 15. Nov 2012, 19:59

@ tortich
Ja, ich muss zugeben, mein guter Kumpel Spanish Tony hat auch so eine "farbenfrohe" Art, Sounds zu beschreiben, vor der ich auch manchmal kapitulieren muss! Tausche einen bestimmten Kondensator aus, und Deine Mitten ändern sich von haselnussig zu walnussig (wenn Du verstehst, was ich meine)!
Aber die Ausdrücke, die Du anführst, verstehe ich schon. "Samten" würde ich einen Sound nennen, der zwar viele Höhen hat, aber nicht ätzend ist (das Gegenteil einer Marshall-Kante), und "kehlig" einen Sound bei dem Hochmitten im Vordergrund stehen (ungefähr wie ein Kazzoo)!
Zuletzt geändert von Gamma am Do 15. Nov 2012, 20:08, insgesamt 1-mal geändert.

tortitch

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon tortitch » Do 15. Nov 2012, 20:06

Gamma hat geschrieben:(wenn Du verstehst, was ich meine)!

Ja...ja...ja... nein

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Do 15. Nov 2012, 20:20

Hihi! Ja siehe oben! Manchmal machen solche Beschreibungen schon Sinn, und Sound-Nerds verstehen die untereinander auch (Spanish Tony, der 7endermann, Mr. Blue)! Hemdsärmelige Suffköppe wie wir sehen ja eigentlich gar nicht die Notwendigkeit, Sounds zu beschreiben! :dr01:

Han Solo

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Han Solo » Do 15. Nov 2012, 20:31

tortitch hat geschrieben:Oder ist "warm" im Prinzip dasselbe wie "dumpf"?


Warm meint wohl eher wenige Höhen, aber nicht dumpf, sonst würden ja nicht alle dem warmen Sound nacheifern. Im Endeffekt versteht eh jeder etwas anderes darunter. Meistens ist es halt Gelaber, damit die Fachzeitschriften ihre Testberichte voll bekommen, und der Hugo im Musikladen Kompetenz vortäuscht.

Klänge und Klangfarben zu beschreiben ist schwierig. Aber Gattungsbegriffe zur Beschreibung zu verwenden, macht die Sache nicht klarer.

tortitch

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon tortitch » Do 15. Nov 2012, 20:39

@Gamma
Manchmal möchte ich das schon. Ich wollte mal einen Verstärker kaufen (das kann ja mal vorkommen) und hatte da so meine Vorstellung, wie das klingen sollte. Ich sagte also zu dem Verkäufer, das solle so klingen, als sei jeder Ton mit Sirup eingestrichen. Ich hatte schon lange vor dem Betreten des Ladens über die Formulierung nachgedacht, um im entscheidenden Augenblick dann nicht wie ein sprachloser Trottel dazustehen. Der Verkäufer guckte mich an und sah gar nicht erfreut aus. Ob ich einen warmen Sound bevorzuge. Ich wiederholte meine Formulierung (schließlich war es GENAU DAS, was ich wollte). Er wieder: "Du meinst also irgendwie süßlich, oder was." Scheiß auf süßlich, dachte ich. Ich bestand auf meinem Sirup. Die Stimmung kippte spürbar. Der Ton wurde gereizter. Schließlich mischte sich der Geschäftsführer mit jovialer Brummbärstimme ein (wollte wohl die Gemüter beruhigen). Der Verkäufer-Arsch nölte was von Sirup in der Weise, dass der Geschäftsführer ja denken MUSSTE, er habe es mit einem Idioten zu tun. Am Ende verließ ich zutiefst gedemütigt den Laden ... mit einem Verstärker, den ich unter unerträglichem seelischen Druck auswählte, der also natürlich ganz und gar nicht nach Sirup klang und den ich ja auch nicht wieder umtauschen konnte, weil ich dazu den Laden wieder hätte ... ach, das war kein schönes Erlebnis.

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Do 15. Nov 2012, 20:46

@Tortich
Ich kann Deine seelische Not schon nachvollziehen, aber heisst es nicht schon bei Spinal Tap: "Fuck the Napkin"? Soweit ich mich erinnere, besitzt Du einen Jtm45 und diverse Fulltone-Pedale! Mehr geht meiner Ansicht nach nicht!

tortitch

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon tortitch » Do 15. Nov 2012, 20:53

Gamma hat geschrieben:@Tortich
Ich kann Deine seelische Not schon nachvollziehen, aber heisst es nicht schon bei Spinal Tap: "Fuck the Napkin"? Soweit ich mich erinnere, besitzt Du einen Jtm45 und diverse Fulltone-Pedale! Mehr geht meiner Ansicht nach nicht!


Fick die Stoffserviette?

Wie auch immer! Ja, inzwischen hab ich ein paar schöne Sachen und ich gehe auch nicht mehr in Läden und verlange Sirup-Verstärker. Wenn ich Musik-Läden betrete bin ich inzwischen sogar wieder einigermaßen entspannt, obwohl ich weiß, dass es jeden Moment ganz unvermittelt zur kommunikative Katastrophe kommen kann.

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Do 15. Nov 2012, 21:33

Hihi! Ja, das war die Szene mit dem Stonehenge-Model! Für mich steht der Spruch seitdem dafür, das Leben so zu nehmen, wie es nunmal ist!

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Do 15. Nov 2012, 21:36


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Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Bassfuss » Fr 16. Nov 2012, 09:07

kehlig hatten wir sch einmal:

Chinas und Dry Rides können "kehlig" klingen.



http://www.paiste.com/e/cymbals.php?cat ... menuid=259

Kehlig: Wild China 19" Edge anklicken

http://www.paiste.com/e/cymbals.php?cat ... menuid=227

Kehlig: 22" Light Ride Traditional --> Pattern 22" anklicken


Grüße,

Frank

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Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Spanish Tony » Fr 16. Nov 2012, 09:35

Einen wohligen Morgen, Verehrtester!
In der Tat haben wir hier ein Problem der persönlichen Wahrnehmung. Man braucht für diese ganzen Begriffe eine Referenz. Beispielsweise mußte ich erstmal sehr, sehr viele Gitarren spielen, hören und fühlen, um zu begreifen was überhaupt eine "gute" Gitarre ist.
Man braucht einfach Vergleiche und Referenzen.
Meine Referenzen zu den Begriffen "Kehlig" und "Holzig" habe ich durch das Spielen einiger alter Les Pauls aus den 50ern und 60ern erfahren. Wenn man so eine Gitarre spielt, drängen sich diese Begriffe einfach auf...und dann hat man eine sehr genaue Vorstellung von kehlig und holzig.
Ihr treu ergebener Spanier

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Fr 16. Nov 2012, 10:11

Moin Tony!
Ich wollte Dich nicht kränken, aber es ist glaube ich so, dass ich eine "magische" Gitarre noch nicht einmal erkennen würde, wenn man sie mir über den Schädel zieht! Gut so, denn so brauche ich keinem "heiligen Gral" nachzuschmachten, sondern bestell' mir eine Tele von der Stange und bin glücklich! ;-)

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Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Matt 66 » Fr 16. Nov 2012, 10:12

Rein physikalisch betrachtet, geht es bei solchen Dingen letztlich immer nur um die unterschiedliche Zusammensetzung des Teiltonspektrums.

Warum klingt eine Trompete anders als eine Klarinette oder Flöte, obwohl sie alle denselben Ton spielen?
Anderes Beispiel: Analog vs. Digital. Die selbe Aufnahme von einer LP abgespielt, klingt anders als von CD.

Wenn ein Sound jetzt als warm, kehlig oder haselnussig beschrieben wird, dann eben deshalb, weil das Teiltonspektrum entsprechend aussieht. Ich denke aber auch, dass man verschiedene Klänge einfach erst mal kennenlernen muss und gegeneinander vergleichen können muss. Wenn ich einem 10-jährigen Bub eine Vintage Paula auf die Ohren gebe, wird ihm sicher nicht "warm" oder "kehlig" dazu einfallen. (Wenn ich aber einem langjährigen Gitarristen eine ALBA Strat im Blindtest unterjuble, wird er denken: Wow! Eine 62er oder eine 63er?)

Gamma

Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Gamma » Fr 16. Nov 2012, 10:31

Ich muss das jetzt einfach mal fragen: Was zum Geier ist eine "ALBA-Strat"? Bevor ich hier gelandet bin, habe ich noch nie davon gehört!

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Re: Sprachbarrieren

Beitragvon Spanish Tony » Fr 16. Nov 2012, 10:35

Jaja, Sprachbarrieren findet man in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Beispielsweise muß man erst auf diversen Bier- und Jazzparties gewesen sein, um zu wissen was das überhaupt bedeutet.
ST


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