Spanish Tony hat geschrieben:Also der Silverface Bassman!
Den würde ich unserem Bassisten auch gerne anhängen.
Da gibt es doch auch verschiedene Versionen, gelle? Z.B. Bassman 70, etc.
Wo sind da die Unterschiede?
ST
Vorab: Ich bin nicht so der allerversierteste Fender-Verstärker-Literaturkenner, das "macht" ein Kumpel für mich.
Tipp also als erstes: Check die entsprechende Literatur, Fender-Amps sind hervorragend dokumentiert.
Etwas einfacher, aber nur für Auskenner: Guck Dir die Schaltpläne, gibt's alle im Netz.
Und nun:
Ja, wir reden über Silverface-Amps der frühen 1970er Jahre.
Ich kenne Bassmen 70, 100 und 135.
Dies sind Verstärker der sogenanten Ultra-Linear-Serie (UL).
Sinn der UL-"Technologie" war, den Amps möglichst viel cleanen Headroom zu verschaffen.
Darum finden Gitarristen die Dinger auch meistens blöd, denn das Endstufenzerrverhalten ist nicht das, was man von einem Fender-Amp erwartet.
Bestehen tut UL aus ein paar kleineren Bauteilen und vor allem einem anderen Ausgangsübertrager.
Man kann so einen Amp also mit ein bisschen Geld und Mühe durchaus blackfacen.
Was mir an allen UL-Silverfaces sehr gefällt, ist erstens ihre Zuverlässigkeit.
Ich habe einen Pro Reverb und den Bassman 135 seit 26 bzw. 23 Jahren.
ich rocke die Dinger hart und hatte noch
nie ein einziges Problem.
Genau das höre ich auch von anderen Usern.
(Lediglich die "Fender Special Design"-Speaker des Pro Reverb habe ich mittlerweile im Keller beerdigt.
Die waren aber immer schon nicht so ganz toll.)
Zweitens mögen diese Amps Pedale.
Es ist also kein Thema, den Amp clean einzustellen (was einfach geil klingt) und den Zerrkram mit Tretern zu regeln.
Für mich ist das allerdings nicht so wichtig.
Die Vorstufen der drei Bassmen sind meines Erachtens technisch gesehen identisch.
Ich habe aber nur den Hörvergleich und bin nahezu Schematic-Analphabet.
Dazu muss man berücksichtigen, dass die Amps, die ich gespielt habe, alle sehr unterschiedlich gepflegt und gewartet waren (Röhren!!!) und teilweise auch an anderen Boxen hingen als meiner.
Mein Bassman ist technisch gesehen Mint-Qualität.
Kein Wunder, ich habe ihn 1990 vom Erstbesitzer gekauft.
Und der hat seinerzeit erhebliche Teile seines Lehrlingssalärs für den Amp (plus der schlimmen 2 x 15er Box) auf den Tisch legen müssen.
Entsprechend hat er ihn lieb gehabt.
Die Klangregelung ist Fender-typisch, die Regler beeinflussen einander heftigst.
Das Ergebnis ist aber immer ein musikalisches, es kostet eine gewisse Mühe, richtigen Müllsound reinzudrehen.
Einzige Anmerkung: Ich habe den Bassregler nie höher als bis 3 oder 4 gedreht, danach wird es nämlich einfach zu wummerig.
Könnte sein, dass ein Rickenbacker 4001 oder der Ur-Preci da noch etwas mehr vertragen, aber die sind ja nun auch legendär knochig.
Bassman 70
Der Verstärkerteil des 70er dürfte fast identisch mit dem Fender Pro Reverb Gitarrenamp.
Lediglich die Klangregelung wird anders abgestimmt sein.
Und der Bassamp hat natürlich weder Hall noch Tremolo (also das, was bei Fender fälschlich Vibrato genannt wird).
Der Amp holt seine 70 Watt Leistung aus 2 x 6L6.
Für Bass wäre mir das zuwenig, aber das Teil ist ein netter Gitarrenamp.
Bassman 100
Der Amp holt seine 100 W Leistung aus 4 x 6L6.
Fetter Netztrafo und OT.
Wenn ich das richtig erinnere, ist das derselben OT wie im 135er.
Ist eben bloß weniger "heissgemacht".
Wenn dies stimmt, könnte man den 100er auch auf 135 Watt aufpusten.
Glenn Matlock von den Ur-Sex-Pistols hat den 100er gespielt und geliebt.
Bassman 135
135 Watt aus 4 x 6L6.
Ansonsten wie oben beschrieben.
Meine Anmerkungen:
1. Wichtg bei 100er- und 135er Bassmen ist, sie auf 4 Ohm Gesamtimpedanz laufen zu lassen.
Nicht nur wegen der Ausgangsleistung (das "bisschen", was der Amp bringt, soll dann natürlich auch raus in die Welt).
Sondern vor allem, weil die Amps schon bei 8 Ohm recht heiss laufen.
Ich schätze mal, 16 Ohm würden die Dinger relativ schnell killen.
Und nein, es gibt keinen Impedanz-Wahlschalter.
2. Ich habe das Ding bisher
immer gespielt, auch gegen sehr laute Drummer (wir sprechen hier über Athleten an alten Ludwigs oder Sonors - John Bonham und Max Weinberg lassen grüßen).
Nun habe ich regulär eine David Eden DT 540 dranhängen, die als extrem effizienter Wattverwerter gilt und das Master-Volumen immer auf 10.
Die Lautstärke regle ich mit dem Eingangs-Volume, am Bass und per Anschlag.
Aber das ist in den Spitze eben wirklich nicht mehr clean.
Muss man wissen, muss man wollen.
Gibt ja auch Leute, die ansonsten ganz vernünftig sind, aber meinen:
"Wenn der Bass zerrt, ist eh alles zu spät."
3. Wenn man so ein Teil kaufen will, sollte man un-be-dingt das Innenleben revisionieren.
Eben weil der Amp von Haus aus nicht so kräftig ist, haben schon Tausende den Versuch gemacht, ihn hochzurüsten.
Nichts dagegen, wenn es gut technisch gemacht ist (und klingt).
Ist es aber oft nicht.
4. Auf jeden Fall sollte jeder Bassist, der so ein Ding spielen will, beide Vorstufen ausprobieren.
Die Unterschiede sind fein, aber oho.
5. Slappen
Slapper werden mit dem Amp maximal im Studio warm.
Denn die Impulssitzen werden bei höheren Laufstärken zwar direkt, aber nicht clean übertragen.
Relativ wattschwacher Röhrenamp eben.
6. Tiefbass
Im Tiefbass-Bereich (ab und unterhalb des G#1, also was bei 53 Hz) fällt der Amp ab.
Mehr Bass nachregeln hilft nur bedingt, siehe oben.
Wer saubere Tiefbass-Übertragung will, muss das von der Box her regeln (und eigentlich einen anderen Amp spielen).
Ich regele das im Bedarfsfalle über einen Zusatzamp - 400-Watt-Transistorendstufe an die Eden, den Bassman direkt an was anderes, nun seit heute 2 x 12 Zoll.
Klingt mächtig.
7. 5-Saiter
5-Saiter mit hoher C-Saite sind natürlich kein Thema.
Low B habe ich auf meinem Bösen Schwarzen P lange und gern gespielt, um den Tasten und Saiten besser aus dem Weg zu gehen.
Nun hat der P-Bass aber die Standard-Mensur, was ohnehin schon nicht ideal ist für ein sauberes SubContra-B ist.
Und der Bassman hat eben diese Tiefbass-"Schwäche".
Aber der Sound war schon geil, vielleicht poste ich mal was.
[Nachtrag]
8. Kompressoren/Limiter
Wer seinen Kompressor/Limiter nicht als hörbar pumpendes Soundmaschinchen benutzt, sondern damit mangelhaftes Dynamikspiel ausbügeln möchte (

), kann beim Bassman aufatmen. Nichts komprimiert so schön wie ein in die Sättigung gefahrener Röhrenamp.
Das gesparte Geld für's Pedal kann man also getrost in eine ordentliche Bühnenkrawatte investieren.
[/Nachtrag]
Hoffe, geholfen zu haben.
Nick