Raumhalldämpfung und Stereobild

Benutzeravatar
Matt 66
Beiträge: 6601
Registriert: Fr 22. Okt 2010, 19:40
Instrumente: jede Menge
Wohnort: Olching

Raumhalldämpfung und Stereobild

Beitragvon Matt 66 » Fr 7. Jan 2022, 16:31

Ich wäre in einem Hififorum vermutlich besser aufgehoben, aber ich frag die elitäre Runde hier einfach auch mal. Der eine oder andere hat ja mit Recording usw. auch schon Erfahrung, und in gewisser Weise audiophil sind wohl auch die meisten.

Ich habe es vor einiger Zeit ja schon mal geschrieben: ich habe seit letztem Frühjahr neue Klipsch Boxen, einen neuen Marantz Amp, ein teures Cinch Kabel vom CD Player und ordentliche In-Akusik-LS-Kabel. Hardware-mäßig also alles in Ordnung. Mein Hörplatz und die LS-Ausrichtung ergeben ein schönes Dreieck, alles wie es sein soll. Allein das Problem ist die Raumakustik, d.h. v.a. die mangelnde Symmetrie durch die ungünstige Position des gesamten Dreiecks. Ich müßte es wohl mal aufzeichnen, aber ich versuche erst mal so. Meine LS-Achse im Dreieck befindet sich an der Wand senkrecht zur Fensterfront und zwar so, dass die rechte Box mehr oder weniger in der Ecke zwischen Wand und Fensterseite steht, die linke Box natürlich im gleichen Abstand zur Wand steht, aber mit dem großen Unterschied, dass links davon eben keine Fensterfront ist, sondern ganz im Gegenteil noch mehr als die Hälfte freier Raum des Wohnzimmers. Sprich, die linke Box kann sich in der Abstrahlung schön entfalten, die rechte Box ist zwar eingedreht, aber die Schallwellen treffen nach rechts knallhart die Fensterfront. Alles andere als optimal, ich weiss, aber aus innenarchitektonischen Gründen geht es leider nicht anders.

Mein Problem: ich habe sehr oft den Eindruck, dass beim Hören mehr von rechts kommt als von links, dass also das Stereopanorama nicht schön ausgeglichen ist. Das macht ja auch irgendwo Sinn, da links die Schallwellen frei verlaufen können, rechts 1. eine Ecke ist und 2. die Fensterfront alles reflektiert. Mir geht es nun allein um das Panorama, nicht um den Klang an sich. Interessant ist, dass Stimmen eigentlich schon in der Mitte stehen, aber die Instrumente drumherum nicht richtig ausbalanciert erscheinen. Den Balance-Regler nach links zu drehen, bringt also nichts. Da wandert dann nur die Stimme nach links... Ich habe mir nun überlegt, Teile der Fenster mit Akustikschaum zu bekleben (bzw. mobile Wände davor zu stellen), um die Reflexionen dort zu unterdrücken. Vorhänge gibt es dort nicht. Meint ihr, das macht Sinn bzgl. meines Panoramaproblems? Oder würde es genügen, in der Ecke irgendwas absorbierendes anzubringen, also in direkter Nähe der Box? Ist der Rest der Fensterfront (ca. 3,5m) vernachlässigbar? Oder ist es am Ende ganz anders: Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel, d.h. in bezug auf den Hörplatz müßte ich ungefähr in der Mitte der Fensterfront dämpfen, aber nicht in der Nähe der Box?

Der Theorie nach unterdrücken solche Pyramidenschaumstoffe u.ä. ja nur den Nachhall. Was den gesamten Raum betrifft, hält sich dieser aber eigentlich sehr in Grenzen. Und ganz tot will man es ja auch nicht. Also denke ich mal, dass der Nachhall insgesamt schon in Ordnung ist. Aber sorgen die Fensterreflexionen nun für diese Verschiebung im Panorama oder nicht? Ich werde ums Ausprobieren nicht herumkommen, will aber vorweg erst mal die Sache theoretisch eingrenzen, allein schon um mir klar zu werden, wieviele qm Schaumstoff ich überhaupt besorgen muss.

Versteht jemand, was ich meine? :oops:

Benutzeravatar
Reinhardt
Beiträge: 7420
Registriert: Sa 30. Okt 2010, 10:47

Re: Raumhalldämpfung und Stereobild

Beitragvon Reinhardt » Fr 7. Jan 2022, 16:50

Aus meiner Praxis weiß ich, dass Absorber in der Ecken der Decke, selbst wenn sie nicht viel Raum einnehmen, enorm großen Effekt erzielen.
Muss man haben, so oder so, soll der Raum trocken werden.
Was die Fensterfront angeht, sehe ich einen langen schweren Vorhang über die komplette Seite als das Mittel der Wahl. Ist ein Einrichtungsgegenstand, sprich, es sieht nicht aus wie in Paisley Park oder bei der NASA, kostet wenig und bringt viel.

PS: Ich hatte gerade ein ähnliches Problem bei einer Podcast/Hörspiel-Aufnahme im Homerecording für meine Tochter. Selbst unter einer Daunendecke unter dem Hochbett eines gut gefüllten Jugendzimmers (!) gab es bei lauten Vokalen einen merklichen Nachhall vor einem ca. 30 cm entfernten Stereomikro. Näher ran wollte ich nicht wegen des Nahbesprechungsgewuschels, auf die Distanz war das Problem aber mit nichts in den Griff zu kriegen. Also war lautes Rumbrüllen halt doch nicht drin. Manchmal ist es erstaunlich, was die Hörpsychologie alles im realen Leben ignoriert, was man nur auf Aufnahmen hört. Und das ganz ohne Schwerhörigkeit.

Benutzeravatar
Matt 66
Beiträge: 6601
Registriert: Fr 22. Okt 2010, 19:40
Instrumente: jede Menge
Wohnort: Olching

Re: Raumhalldämpfung und Stereobild

Beitragvon Matt 66 » Fr 7. Jan 2022, 19:47

Vorhänge... ja. Hmmm... eher nicht so...

Der Raum soll ja gar nicht unbedingt trockener werden. Ich will da auch gar nichts abmischen oder sonstwas, sondern einfach nur Musikhören.
Und das ist ja im Grunde die Kernfrage: dämmt das Zeug dann nur den Nachhall, ändert aber nichts am Stereo-Problem? Oder heißt weniger Nachhall, dass es auch weniger laut wirkt? Ich bin mir da eben nicht so sicher, dass das viel ausmacht. Klar, wenn ich in einer griechischen Taverne mit 50 Sitzplätzen nur nackte Wände habe, wird alles unangenehm durcheinander hallen, da machen Vorhänge natürlich Sinn. Aber bei Zimmerlautstärke ein Stereosignal aus gut drei Metern auf die Ohren zu bekommen, ist doch was anderes. Da frage ich mich schon, ob das was an der Links-Rechts-Schwäche ändert, oder ob nicht der Direktschall so viel ausmacht, dass die Reflexionen so gut wie gar nicht ins Gewicht fallen. Immerhin sind da stark gerichtete Hochtonhörner verbaut, die mir direkt auf die Birne ballern. Und tiefe Frequenzen sind räumlich ja bekanntlich eh nicht zu orten.
Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass bei etwas höherer Lautstärke die Balance besser ist. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein... Wie ja überhaupt viel Einbildung im Spiel sein dürfte. Ich habe vorhin mal spaßeshalber die Boxen total absurd ausgerichtet. Beide nach links strahlend, beide nach rechts strahlend, oder wie Kobayashi und Eisenbichler in der Flugphase. Es waren schon Unterschiede hörbar, aber mehr was die Direktheit des Signals betrifft (verständlich!), aber gar nicht mal so sehr, was den eigentlichen Klang betrifft. Der Stereoraum wird so oder so aufgebaut.
Vielleicht sind es ja auch tatsächlich nur meine Ohren. Wenn ich mal blutdruckbedingtes Rauschen im Ohr habe, was durchaus öfters vorkommt, dann ist es immer nur das linke Ohr, das rauscht, das rechte rauscht nie! Und rechts wirkt es eben auch lauter... Am liebsten würde ich mein Zimmer mal komplett spiegelverkehrt einrichten, um zu testen, was passiert. Ist mir aber zu umständlich. Ich gehe vielleicht mal zum Hörgeräte-Akustiker und lass mich mal durchmessen.

Benutzeravatar
Bassfuss
Beiträge: 5060
Registriert: Sa 23. Okt 2010, 14:04
Instrumente: E-Triangel
Wohnort: Stuhr

Re: Raumhalldämpfung und Stereobild

Beitragvon Bassfuss » Fr 7. Jan 2022, 22:44

Signal ganz aus der Ecke heraus: hatten wir mal bei einem Gig. mein Set stand zentral auf der Bühne: keine Probleme. Bei der Hauptband spielte der Drummer aus der Ecke heraus, 90° in Richtung Hypotenuse, also der langen Seite des rechtwinkligen Dreiecks. Es gab ständig Doppelsignale, Echos. Warum auch immer. Close-Miking, aber trotzdem. Also wohl (vermutlich) Rückkopplungen. Links und rechts von dem Set waren kahle Wände (Fensterfront?). Nur ein Erklärungsversuch, warum vielleicht eine Seite anders als die andere klingt.


Zurück zu „Equipment / Recording / Technik“