guttenberg - ehrlich oder dumm

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guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon SoWhat » Mi 10. Nov 2010, 14:50

"Die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands müssen aus Sicht von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auch militärisch abgesichert werden. Der Zusammenhang von regionaler Sicherheit und deutschen Wirtschaftsinteressen müsse offen und ohne Verklemmung angesprochen werden, forderte der CSU-Minister bei der Berliner Sicherheitskonferenz..."


http://www.tagesschau.de/inland/guttenb ... er102.html

was hat den herrn von und zu ohne besonderen anlaß zu dieser aussage getrieben :?:
da gabs doch schon mal jemanden, der wegen solcher äußerungen zurück getreten ist ;)

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Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Blues Bird » Mi 10. Nov 2010, 15:23

SoWhat hat geschrieben:"Die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands müssen aus Sicht von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auch militärisch abgesichert werden. Der Zusammenhang von regionaler Sicherheit und deutschen Wirtschaftsinteressen müsse offen und ohne Verklemmung angesprochen werden, forderte der CSU-Minister bei der Berliner Sicherheitskonferenz..."


http://www.tagesschau.de/inland/guttenb ... er102.html

was hat den herrn von und zu ohne besonderen anlaß zu dieser aussage getrieben :?:
da gabs doch schon mal jemanden, der wegen solcher äußerungen zurück getreten ist ;)


Ehrlich - soweit sich das überhaupt über einen Politker sagen lässt...

chili

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon chili » Mi 10. Nov 2010, 15:28

ehrlich. Aber weder mit dem Grundgesetz vereinbar noch mit unserem Selbstverständnis als Volk. Bin mal gespannt, ob er damit Probleme kriegt.

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Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Blues Bird » Mi 10. Nov 2010, 15:57

chili hat geschrieben:Bin mal gespannt, ob er damit Probleme kriegt.


Glaube ich nicht. Wahrheit ist ja nicht nur eine Funktion von Raum und Zeit, sondern auch von Autorität und Akkzeptanz und liegt daher im Auge des Betrachters: So wie die "Falschen" nie das "Richtige" sagen können (so z.B. aus Sicht der Linken der böse Onkel Thilo), können die "Richtigen" auch mal was (gefühlt) "Falsches" sagen. Also bleiben als Kritiker nur noch Linke und Grüne und das perlt dann ab...

SoWhat

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon SoWhat » Mi 10. Nov 2010, 16:03

Blues Bird hat geschrieben:Also bleiben als Kritiker nur noch Linke und Grüne und das perlt dann ab...


ja, und das leider auf niedrigstem niveau, finde ich. warum immer gleich mit "nicht stehen auf dem boden des grundgesetztes" kommen.

http://www.focus.de/politik/weitere-mel ... 70666.html

chili

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon chili » Mi 10. Nov 2010, 16:17

Blues Bird hat geschrieben:
chili hat geschrieben:Bin mal gespannt, ob er damit Probleme kriegt.


Glaube ich nicht. Wahrheit ist ja nicht nur eine Funktion von Raum und Zeit, sondern auch von Autorität und Akkzeptanz und liegt daher im Auge des Betrachters: So wie die "Falschen" nie das "Richtige" sagen können (so z.B. aus Sicht der Linken der böse Onkel Thilo), können die "Richtigen" auch mal was (gefühlt) "Falsches" sagen. Also bleiben als Kritiker nur noch Linke und Grüne und das perlt dann ab...


ich würde es ja begrüßen, wenn du diese ideologischen Anspielungen mal weglassen würdest, wir haben das doch weitgehend geklärt. Bei den Thesen des Onkel T. waren auch richtige Sachen dabei, die auch zugegeben wurden. Nur muss man in diesen Fällen den Gesamtkontext betrachten, und der war halt nicht gut. Es gibt ja auch das "bei A***** war nicht alles schlecht". Nee, sicher nicht, aber im Großen und Ganzen eben doch.

Immerhin stellt sich G. gegen das Grundgesetz, und das kann schon Probleme verursachen.

chili

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon chili » Mi 10. Nov 2010, 16:21

SoWhat hat geschrieben:
Blues Bird hat geschrieben:Also bleiben als Kritiker nur noch Linke und Grüne und das perlt dann ab...


ja, und das leider auf niedrigstem niveau, finde ich. warum immer gleich mit "nicht stehen auf dem boden des grundgesetztes" kommen.

http://www.focus.de/politik/weitere-mel ... 70666.html



ich finde das ziemlich eindeutig: Art 26
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.

und außerdem möchte ich nicht in einem Staat leben, der andere angreift, um sich selbst zu bereichern.

SoWhat

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon SoWhat » Mi 10. Nov 2010, 16:26

chili hat geschrieben:
Immerhin stellt sich G. gegen das Grundgesetz, und das kann schon Probleme verursachen.



ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass es hier den oppositionsparteien in berlin um das abschießen eines bundesministers geht, der gefährlich populär ist.

der von und zu hat eine grundsätzliche frage angesprochen. vielleicht will er damit das denken in manchen kreisen in frage stellen. intelligent dazu isser, finde ich.

ich finde das ziemlich eindeutig: Art 26


da würde ich mal einen gang runterschalten ;)

chili

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon chili » Mi 10. Nov 2010, 16:39

SoWhat hat geschrieben:ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass es hier den oppositionsparteien in berlin um das abschießen eines bundesministers geht, der gefährlich populär ist.

der von und zu hat eine grundsätzliche frage angesprochen. vielleicht will er damit das denken in manchen kreisen in frage stellen. intelligent dazu isser, finde ich.

ich finde das ziemlich eindeutig: Art 26


da würde ich mal einen gang runterschalten ;)


runterschalten? Nö, wehret den Anfängen. Dass die Opposition den G. loswerden will ist klar, das ist Alltagsgeschäft. Würde andersrum genauso passieren.

Ich finde es richtig, keine Wirtschaftskriege zu führen, unter keinen Umständen.

SoWhat

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon SoWhat » Mi 10. Nov 2010, 16:46

will guttenberg kriege führen - das unterstelle ich ihm und anderen verantwortlichen politikern nicht.

Dass die Opposition den G. loswerden will ist klar, das ist Alltagsgeschäft. Würde andersrum genauso passieren.


es gab mal verteidigungsminister, die auch die opposition nicht abschießen wollte - ich denke da an die herren schmidt oder wörner. also kein alltagsgeschäft.

Han Solo

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Han Solo » Mi 10. Nov 2010, 17:41

chili hat geschrieben:
ich finde das ziemlich eindeutig: Art 26
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.


Ach was. Das wäre bestimmt bloß ein "angriffskriegsähnlicher Zustand". ;)

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Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Blues Bird » Mi 10. Nov 2010, 21:43

chili hat geschrieben:
Blues Bird hat geschrieben:
chili hat geschrieben:Bin mal gespannt, ob er damit Probleme kriegt.


Glaube ich nicht. Wahrheit ist ja nicht nur eine Funktion von Raum und Zeit, sondern auch von Autorität und Akkzeptanz und liegt daher im Auge des Betrachters: So wie die "Falschen" nie das "Richtige" sagen können (so z.B. aus Sicht der Linken der böse Onkel Thilo), können die "Richtigen" auch mal was (gefühlt) "Falsches" sagen. Also bleiben als Kritiker nur noch Linke und Grüne und das perlt dann ab...


ich würde es ja begrüßen, wenn du diese ideologischen Anspielungen mal weglassen würdest, wir haben das doch weitgehend geklärt. Bei den Thesen des Onkel T. waren auch richtige Sachen dabei, die auch zugegeben wurden. Nur muss man in diesen Fällen den Gesamtkontext betrachten, und der war halt nicht gut. Es gibt ja auch das "bei A***** war nicht alles schlecht". Nee, sicher nicht, aber im Großen und Ganzen eben doch.

Immerhin stellt sich G. gegen das Grundgesetz, und das kann schon Probleme verursachen.


Nun mach Dich mal locker: Ich habe gar nicht auf Dich abgezielt und wenn Du mir ein besseres Beispiel aus diesem Jahr für das Ignorieren von Tatsachen, nur weil Sie von dem vermeintlich "Falschen" ausgesprochen werden, nennen kannst, nehme ich das gerne.

Im übrigen, kannst Du ja mal erklären, wie Du darauf kommst, dass das (zitiert aus SPON):

"Der Bedarf der aufstrebenden Mächte an Rohstoffen steigt ständig und tritt damit mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz", sagte Guttenberg. Diese könne zu neuen Krisen führen. Die Verknappung der Rohstoffe beeinflusse das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands. "Da stellen sich Fragen auch für unsere Sicherheit, die für uns von strategischer Bedeutung sind"

gegen Artikel 26 GG verstößt? Ich hoffe, Du stützt Dich dabei nicht auf so ausgewiesene Grundgesetz-Experten wie Trittin, der hat nämlich Sozialwissenschaften studiert...

Wie immer hilft es auch hier, sich mit den Fakten beschäftigen (wieder bei SPON) zitiert:

"Guttenberg beziehe sich "zu Recht" darauf, was im Weißbuch aus dem Jahr 2006 "schwarz auf weiß" stehe. Im Weißbuch schätzt das Verteidigungsministerium die sicherheitspolitische Lage Deutschlands ein und analysiert, welche Aufgaben für die Bundewehr daraus erwachsen.

Die deutsche Sicherheitspolitik werde auch von dem Ziel geleitet, "die Interessen unseres Landes zu wahren" und "den freien und ungehinderten Welthandel als Grundlage unseres Wohlstandes zu fördern", zitierte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans aus dem Weißbuch. Deutschland habe ein besonderes Interesse an "freien Transportwegen" und "gesicherter Rohstoffzufuhr". Steegmans betonte, dies sei mit großer Mehrheit des Bundestags so festgestellt worden und "unstrittig".


Also, kannst den Koffer wieder auspacken und brauchst nicht auswandern...

Schnabelrock

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Schnabelrock » Mi 10. Nov 2010, 22:02

SoWhat hat geschrieben:der von und zu hat eine grundsätzliche frage angesprochen. vielleicht will er damit das denken in manchen kreisen in frage stellen. intelligent dazu isser, finde ich.



Exakt, die seit 1945 sträflich vernachlässigte Frage von Lebensraum im Osten ...

Na gut, bis dahin ist es noch ein weiterer Schritt, aber unsere Militärs sind schon in der richtigen Richtung unterwegs. Deutschland wird am Hindukusch verteidigt und wer weiss, wo noch überall. Die Grundeinstellung, das Glück Deutschlands exterritorial zu erzwingen, ist doch schon mal löblich in der Tradition grosser Deutscher und Österreicher.

Fourtyfour

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Fourtyfour » Do 11. Nov 2010, 09:52

"Der Bedarf der aufstrebenden Mächte an Rohstoffen steigt ständig und tritt damit mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz", sagte Guttenberg. Diese könne zu neuen Krisen führen. Die Verknappung der Rohstoffe beeinflusse das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands. "Da stellen sich Fragen auch für unsere Sicherheit, die für uns von strategischer Bedeutung sind..."

Ich hoffe mal für uns, der meint das so:
"Gut, dass wir Konkurrenz auf dem Weltmarkt haben, denn Konkurrenz belebt das Geschäft. Ausserdem gibt es selbstverständlich keinen Grund, andere Nationen an ihrem Aufstieg zu hindern (mit welchen Mitteln auch immer), bilden sich so doch auch Märkte für unsere Exportwirtschaft. Um diese Märkte zu bedienen, treten wir also in einen fairen Wettbewerb eben um diese Rohstoffe ein.
Natürlich müssen wir Vertriebswege schützen, wenn es Nationen gibt, die Lieferungen verhindern wollen, was aber im Hinblick auf konkurrierende und hochtechnisierte Nationen eher abenteuerlich erscheint und kaum eintreten wird. Auseinandersetzungen auf diplomatischem Wege werden zudem immer den Vorrang haben.
Etwas anderes ist etwa die Piraterie, die es gilt zu bekämpfen. Wohl kaum aber wird der Anteil am wirtschaftlichen Wohlergehen Deutschlands groß genug sein, um daraus eine kriegsähnliche Handlung abzuleiten."

M.a.W.: wir werden in unseren Morgenzeitungen von Schutz und Begleitung lesen - und seit 5:45h wird zurückgeschossen....

Ff

raana3800+

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon raana3800+ » Do 11. Nov 2010, 10:30

Wenn ich mich recht erinnere, ist Hotte gar nicht direkt aufgrund seiner Aussage gegangen, sondern hat sein Amt beschädigt gesehen, weil das eben nicht alle sooooo toll fanden.
Mit dem bisschen Widerstand, den er bekam und jetzt Gutte bekommt, geht halt jeder anders um.
Und wenn man schon eher ungelobt ist und nicht gerade als nächster Halbgott gesehen wird, kann man wohl schon mal ein dünneres Fell haben.

Gruß Rainer

chili

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon chili » Do 11. Nov 2010, 11:01

@Bluesvogel: Musste herzlich über dein Posting lachen, jetzt weiß ich, warum das nicht funktioniert zwischen uns beiden ;-) Ich habe nämlich dasselbe studiert wie der Herr Trittin, sogar am selben Institut, nur ein paar Jahre später. :laughter:

Inhaltlich bin ich bei Han Solo und Schnabelrock, die haben das genau richtig beschrieben.

Josef K

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Josef K » Do 11. Nov 2010, 11:08

Wozu war jetzt 'Militär' noch mal da? Um wirtschaftliche Interessen durchzusetzten, oder? Das ist doch seit Menschengedenken so. Das Ganze wird traditionell mit irgend einem politischen Feindbild garniert. Im 20 JH war es 'die rote Flut', aber das funktioiert nicht mehr so. Dafür haben wir heute den 'islamischen Terror' oder wie auch immer man das nennen soll.......

Das eigentlich Interessante an Herrn Guttenberg ist seine finanzielle Unabhängigkeit........

SoWhat

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon SoWhat » Do 11. Nov 2010, 13:58

Josef K hat geschrieben:Das eigentlich Interessante an Herrn Guttenberg ist seine finanzielle Unabhängigkeit........


... und sein haargel ;)

http://www.youtube.com/watch?v=KdRX7kistCM

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Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon Blues Bird » Do 11. Nov 2010, 15:18

chili hat geschrieben:@Bluesvogel: Musste herzlich über dein Posting lachen, jetzt weiß ich, warum das nicht funktioniert zwischen uns beiden ;-) Ich habe nämlich dasselbe studiert wie der Herr Trittin, sogar am selben Institut, nur ein paar Jahre später. :laughter:

Inhaltlich bin ich bei Han Solo und Schnabelrock, die haben das genau richtig beschrieben.


...Und dort habt ihr beide dann auch wahrscheinlich einen Aufbaukurs Verfassungsrecht belegt, oddah? Respekt, das nenne ich mal richtig über den Tellerrand schauen :mrgreen:

Inhaltlich bin ich bei Christian Bommarius, der hat das genau richtig beschrieben:

"Guttenberg hat recht.

Die Behauptung, Intervention (Krieg) und Interesse hätten Berührungspunkte, wird hierzulande mit Kopfschütteln bedacht. Wer sie aufstellt, ist schon als Zyniker gerichtet. Es ist, als hätte das Land, immerhin seit Jahren der drittgrößte Waffenexporteur der Welt, sich darauf verständigt, in der Debatte über Krieg und Frieden nur die Moral als Moderator zuzulassen, obwohl sie in der Regel bestenfalls die Maskerade des Interesses ist.

Das Interesse verschwindet nicht, indem man es verschweigt. Es mag ungeschickt gewesen sein, wie Horst Köhler auf den Zusammenhang von Militäreinsätzen und Wirtschaftsinteressen hingewiesen hat, aber es war ehrlich. Und es war vernünftig. Dennoch hat ihn – so sagt er zumindest – die Kritik an seinen Worten aus dem Amt getrieben.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat nun ebenfalls auf den Zusammenhang verwiesen und wird dafür von der Opposition unverzüglich als „Kriegsminister“ etikettiert. Er hat gesagt: „Die Sicherung der Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten.“

Er hätte auch sagen können: Der Marineeinsatz gegen die Piraten vor der Küste Somalias soll die Hilfslieferungen an die somalische Bevölkerung sichern, aber ohne das legitime Interesse, die Handelswege für die internationale Schifffahrt zu schützen, wäre er gewiss nicht zustande gekommen. So ist es.

Guttenberg hat nicht nur nichts Neues gesagt, sondern nur ausgesprochen, was für alle Bundesregierungen seit 1990 – also auch für Rot-Grün – selbstverständlich war. Genauer gesagt, haben sie sich nur an die Richtlinien gehalten, beispielsweise an die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992.

Danach gehört zu den „vitalen Sicherheitsinteressen der deutschen Politik“ neben dem Schutz Deutschlands, neben der Bündnisbindung, europäischer Integration und dem Krisenmanagement auch die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen im Rahmen einer gerechten Wirtschaftsordnung“.

Damit ist nicht gesagt, dass deutsche Wirtschaftsinteressen mit Panzern und Bomben durch gesetzt werden sollen. Aber dass beispielsweise der Versuch eines Landes, den Nachbarstaat durch Entzug des Rohstoffs Wasser im Wortsinn auszutrocknen, einen „Bruch des Friedens“ beziehungsweise eine „Angriffshandlung “ (Kapitel VII der UN-Charta) darstellt, dürfte nur bestreiten, wer Durst ausschließlich aus der Werbung kennt.

Aber es wird bestritten, zumindest in Deutschland. Wenn überhaupt, dann haben deutsche Soldaten für eine Politik zu sterben, die sich angeblich allein als Fortsetzung der Menschenrechte mit anderen Mitteln begreift, also im Morast einer Moral, die vorgibt, von nationalen oder internationalen Interessen nichts mehr wissen zu wollen, weil sie nur noch die Friedensliebe kennt. Für die höhere Moral darf geschossen und notfalls auch gestorben werden, nie und nimmer aber im Dienst eines Interesses.

Die Unaufrichtigkeit der Debatte hat sich die Politik selbst zuzuschreiben. Denn seit Jahr und Tag verweigert sie beharrlich ein Konzept für die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Vor vier Jahren legte die schwarz-rote Bundesregierung ein Weißbuch zur deutschen Sicherheitspolitik vor, das die entscheidenden Fragen offen ließ: Wozu, warum, mit welchen Mitteln?

Wozu, mit welcher Zielsetzung werden Einheiten der Bundeswehr in alle Teile der Welt heute und in Zukunft in den Einsatz geschickt? Warum ist es im Einzelfall geboten, zur Bewältigung einer Krise, zur Eindämmung eines Krieges oder zur Beseitigung einer Bedrohung auf militärische Interventionen zu setzen? Und welche militärischen und welche nicht-militärischen – politischen oder ökonomischen – Mittel sind in welchem Falle überhaupt in Betracht zu ziehen, marktwirtschaftlich gesprochen: Wonach bestimmen sich Angebot und Nachfrage?

Das Problem ist nicht nur, dass die deutsche Politik Antworten darauf verweigert, sondern dass sie selbst 20 Jahre nach Beendigung des Kalten Kriegs und der Pax Americana die Antworten verweigert. In dieser Zeit hat sie zwar – zunehmend selbstbewusst – der Bundeswehr immer häufiger den Marschbefehl zu Einsätzen in Nah und Fern erteilt.

Dass aber weder Experten noch die Öffentlichkeit und selbstverständlich auch nicht die Bundeswehr ein stringentes Konzept erkennen konnten, dem diese Einsätze folgten, lag schlicht daran, dass es keines gab und gibt. Guttenberg hat zwar jetzt klare Worte gefunden, aber ein Konzept hat auch er nicht vorgelegt.
"

Berliner Zeitung, 11.11.2010

chili

Re: guttenberg - ehrlich oder dumm

Beitragvon chili » Do 11. Nov 2010, 15:24

Blues Bird hat geschrieben:
chili hat geschrieben:@Bluesvogel: Musste herzlich über dein Posting lachen, jetzt weiß ich, warum das nicht funktioniert zwischen uns beiden ;-) Ich habe nämlich dasselbe studiert wie der Herr Trittin, sogar am selben Institut, nur ein paar Jahre später. :laughter:

Inhaltlich bin ich bei Han Solo und Schnabelrock, die haben das genau richtig beschrieben.


...Und dort habt ihr beide dann auch wahrscheinlich einen Aufbaukurs Verfassungsrecht belegt, oddah? Respekt, das nenne ich mal richtig über den Tellerrand schauen :mrgreen:

Inhaltlich bin ich bei Christian Bommarius, der hat das genau richtig beschrieben:

"[i]Guttenberg hat recht.
....



ehrlich gesagt, weiß ich das mit den Kursen nicht mehr, das ist über 25 Jahre her. Und ich finde eben, dass unser Umgang mit Bundeswehr/Krieg etc. grundsätzlich falsch und verlogen ist (unsere Freiheit wird am Hindukusch verteidigt :laughter: ). Das bestätigt der Artikel ja auch indirekt. Und das muss man nicht gut finden, oder?
Zuletzt geändert von chili am Do 11. Nov 2010, 15:31, insgesamt 1-mal geändert.


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