Beitragvon Tom » Do 5. Mai 2011, 13:45
@ Nick hab dir entsprechenden Abbschnitt hier nochmal reinkopiert. Hey.
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Die Skalen, die wir alle am besten kennen sind die Durtonleiter bzw. die Molltonleiter:
C – d – e – f – g – a – h – c hier die Durtonleiter in C
Tonleitern haben für die einfachere Einordnung immer Grundton. Hier im Beispiel ist das der Ton C. Alle anderen Töne dieser Tonleiter beziehen sich auf diesen Grundton, indem sie einen tonhöhenmäßigen Abstand zu ihm bilden, also in einem Intervallverhältniss zu ihm stehen. Dieses Intervallverhältnis kann man mit Zahlen ausdrücken:
c zu c = Prim 1 (kein Tonschritt)
d zu c = sekund 2
e zu c =Terz (hier: groß) 3
f zu c = Quart 4
g zu c =Quint 5
a zu c = sexte 6
h zu c = septime (groß) maj7
Sonderfall Septime:
Wieso wird nun diese schöne, majestätisch ruhende Unbescholtenheit und Klarheit durch diese fiese „maj7“ aus dem Gleichgewicht gebracht? Warum steht da nicht einfach „7“, was eine gewisse Logik bejahen würde?
Antwort: Letztlich wegen der musikhistorisch erst späteren Ausprägung oder „Wichtigkeit“ dieses Intervalles. Es wurden sozusagen in der Geschichte schon eine ganze Menge an musikalischen Tatbeständen angehäuft, und HINTERHER hat jemand/haben mehrere versucht, mit einer Theorie die Musik zu strukturieren und zu erklären. Zum Beispiel wie in diesem Fall die Tonleiter in absoluten Zahlenverhältnissen abzubilden.
Deshalb und jedenfalls bekommt die eigentliche kleine Sept die Ziffer 7 - weil die kleine Sept schon recht früh auf der Dominante (dazu später mehr) eine wichtige Rolle spielte, und da auch schon als „7/Septime“ bezeichnet wurde (z.B. im Generalbass oder in frühen Kadenzformen). Der Platz war also schon „vergeben“, als die große Sept daherkam. Insofern hat sich die Möglichkeit, die kleine Septim als b7 und die große Sept als „7“ zu kennzeichnen bei den allermeisten Harmonielehren NICHT durchgesetzt.
Zur Kenntnis nehmen, merken, abhaken und vergessen.
Anhand dieser gewonnenen Zahlen lässt sich die Durtonleiter nun auch nur mittels Intervallen darstellen – als Intervallstruktur:
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – maj7 lautet also die Intervallstruktur der Durtonleiter.
Doch diese Zahlen gehen in ihrer Absolutheit darüber hinweg, daß die Abstände zwischen den Tönen (bestehend aus einer bestimmten Anordnung aus jeweils Halb- oder Ganztonschritte, also ein Bund bzw. zwei Bünde auf der Gitarre) keineswegs immer gleich sind! Das ist der eigentliche Grund, warum die Beschäftigung mit Skalen verwirrend sein kann. Denn die Gleichmäßigkeit in der Zahlengebung suggeriert gleiche Abstände.
Sehen wir uns deshalb die Durtonleiter – die „Mutter“ aller Durskalen bezogen auf die Intervallstrukturen anderer Skalen nochmals genauer an:
(GT steht für Ganztonschritt = 2 Bünde auf der Gitarre, HT steht für Halbtonschritt = 1 Bund auf der Gitarre)
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – maj7 – 8
GT GT HT GT GT GT HT
Es befindet sich also zwischen der Terz „3“ und der Quart „4“ ein Halbtonschritt sowie zwischen der maj7 und der Oktave „8“. Der Rest besteht aus Ganztonschritten.
Ich habe diese Intervallstruktur die „Mutter“ aller Durtonleitern genannt. Nicht in einer Bewertung von Schönheit und Gebräuchlichkeit, sondern von der gleichmäßigen Bezifferung der Intervallstruktur her betrachtet. Die Bezeichnungen aller anderen Durtonleitern leiten sich von dieser Intervallstruktur ab – und indentifizieren sich durch ihre Abweichungen! Das macht es dann aber auch leicht, sich diese anderen Durtonleitern ÜBER DIESE ABWEICHUNGEN zu merken!! Denn die Abweichung besteht bis auf wenige Ausnahmen aus einem oder maximal zwei Tönen.
Das gesagte gilt Gottseidank auch für die Molltonleitern:
Die „Mutter“ aller Molltonleitern stellt die „natürliche“ Molltonleiter dar. Sie lautet vom Grundton A aus:
a – h – c – d – e – f – g
(nichts anderes als die C-dur tonleiter vom sechsten Ton aus gespielt; anders gesagt: der sechste Ton der Durtonleiter ist der neue Grundton, woraus sich eine Molltonleiter ergibt, denn die Terz ist in dieser neuen Tonleiter klein. Und kleine Terz bedeutet immer: Moll!)
die Intervallstruktur ist allgemein in Zahlen ausgedrückt lautet
1 – 2 – b3 – 4 – 5 – b6 – 7
Aha. Da ist ja einiges schief. Was soll „b3“ denn jetzt bedeuten?
Dies ist der Grund, warum ich mit der Darstellung der Intervallstruktur bei der Durtonleiter begonnen habe. Denn die große Terz bekommt die Zahl 3, während die kleine Terz, die einen Halbton tiefer ist als die große Terz, diesen Umstand mit dem Kürzel „b“ dargestellt bekommt. Das b erniedrigt die Zahl, vor der sie steht um einen Halbton.
Bei der Sexte ist es ähnlich. Auch hier ergibt sich bei der natürlichen Molltonleiter eine kleine Sexte, bezeichnet wiederum mit „b“. Und die Septim bekommt diese „b“ eben nicht, denn wie oben („Sonderfall Septime“)ausgeführt meint die bloße Ziffer „7“ bereits die kleine Septime.
Doch woher kommt denn diese natürliche Molltonleiter? Steht die etwa in irgendeinem Zusammenhang?
Ja, und zwar mit der Durtonleiter! Sie wird einfach auf dem sechsten Ton der Durtonleiter gebildet, hier bei unserem Beispiel auf dem Ton „a“:
C – d – e – f – g – a – h – c
A – h – c – d – e – f – g - a
Die reine Intervallstruktur der Durtonleiter, also die Verteilung der Ganzton- und Halbtonschritte wird also wie eine feste Kette beibehalten, nur der Startpunkt ( = der Grundton) der Tonleiter verschiebt sich!
Also besitzen die natürliche Molltonleiter und die Durtonleiter die gleiche Reihenfolge an Ganz- und Halbtonschritten, nur der Startpunkt (der Grundton) innerhalb dieser Reihenfolge hat sich verschoben.
Was passiert aber, wenn ich dieses Vorgehen auf die anderen Tönen der Durtonleiter anwende und darauf neue Tonleitern aufbaue?
Ich bekomme ein System, einen „tonalen Raum“. Nichts anderes sind die Kirchentonleitern.
Hier der Überblick:
C – d – e – f – g – a – h – c „Ionisch“ Dur
D – e – f – g – a – h – c – d „Dorisch“ Moll
E – f – g – a – h – c – d – e „Phrygisch“ Moll
F – g – a – h – c – d – e – f „Lydisch“ Dur
G – a – h - c – d – e – f – g „Mixolydisch“ Dur
A – h – c – d – e – f – g – a „Äolisch“ Moll“
H – c – d – e – f – g – a – h „lokrisch“ Moll
Die Bezeichnungen „Lokrisch“, „Phrygisch“ etc. sind Phantasienamen, die diese Tonleitern vor einigen Jahrhunderten erhielten und haben nichts mit den antiken Völkern, die hier genannt werden zu tun.
Ordnet man die entstandenen Tonleitern nach Dur und Moll erhält man 4 Molltonleitern und 3 Durtonleitern. Wenn man diese Tonleitern nun wieder mittels Zahlen (Intervallstruktur) absolut ausdrückt, kann man sie sehr einfach auf einen Blick miteinander vergleichen:
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – maj7 Ionisch (Durtonleiter)
1 – 2 – 3 – #4 – 5 – 6 – maj7 Lydisch
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 Mixolydisch
Die Lydische Skala ist also nichts anderes als eine Durtonleiter mit dem besonderen, neuen Ton #4 (anstatt 4).
Die Mixolydische Skala ist eine Durtonleiter mit dem besonderen Ton 7 (kl. Sept) (anstatt maj7)
Also: bei Lydisch immer an die #4 denken, bei Mixolydisch an die kleine Sept.
Genauso geht es bei den Molltonleitern:
1 – 2 – b3 – 4 – 5 – b6 – 7 Äolisch (natürlich Moll)
1 – 2 – b3 – 4 – 5 – 6 – 7 Dorisch
1 – b2 – b3 – 4 – 5 – b6 – 7 Phrygisch
1 – b2 – b3 – 4 – b5 – b6 – 7 Lokrisch
Bis auf Lokrisch ist auch hier wieder jeweils nur ein Ton im Vergleich zur „Mutter“-Tonleiter natürlich Moll der ausschlaggebende Unterschied; bei dorisch ist es die große sexte, bei Phrygisch die kleine sekund.
Bei Lokrisch ist „schon“ (also im Dreiklang) die Quinte vermindert, womit wir hier eine verminderte Tonleiter haben, die ich gern an einer anderen Stelle näher betrachten möchte.
Aus der Praxis heraus würde ich sagen, daß die häufigsten Anwendungen von Skalen diese in 2 Gruppen aufteilt: einmal die, die sich zum „modalen“ Spiel eignen; also mit denen man über einen Akkord (oder zwei oder mehr, die jeweils längere Zeit erklingen) vor sich hin improvisieren kann,
und solche Skalen, die eher (!) in einem funktionsharmonischen Ganzen (z.B. in Kadenzen) ihre Stärken ausspielen können. (Diese sind ein eigenes Kapitel)
Viele Skalen gehören aber beiden Gruppen an.
Ich will hier erstmal die Skalen betrachten, die sich vorallem zum modalen Spiel eignen (denn auf diese Weise übt man die Skalen anfangs am besten):
Ionisch, Lydisch, Mixolydisch bei den Durskalen und
Dorisch und Äolisch (und eher bei jazzigeren Stilistiken passend auch Phrygisch) bei den Mollskalen.
Ionisch und Lydisch passen über einen Durdreiklang oder über einen maj7 Akkord,
Mixolydisch über einen Durdreiklang oder über einen Septakkord
Dorisch, Äolisch und Phrygisch passen über moll(7) – Akkorde. "