Das Gedicht von Günter Grass

Harry

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Harry » Mo 9. Apr 2012, 17:33

Ein Titaniczitat geht noch :-)

"Sanktionen für Günter Grass

Nach dem israelischen Einreiseverbot für Günter Grass wendet sich nach und nach die gesamte Weltgemeinschaft gegen den Autor. Grass-Häuser in aller Welt werden geschlossen, die Botschafter nach Hause geschickt; Politiker der Europäischen Union erwägen ein Tabak- und Schnauzkammembargo, um Grass zu zermürben. Auch immer mehr Schurkenstaaten gehen auf Distanz, u.a. Kim Jong Un: "Wir wissen, daß Grass seit Jahren an einem zehnten, hochangereicherten Roman arbeitet und dafür mit extrem haarspaltenden Material experimentiert. Damit wollen wir nichts zu tun haben." Auch der Iran stellte die Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Dichter ein: "Nun gut, auch wir wollen Israel auslöschen", so Mahmud Ahmadinedschad, "aber schnell und relativ schmerzlos. Die Juden vorher mit endlosen Pfuschgedichten zu quälen, das ist grausam und barbarisch."
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Mr Knowitall
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Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Mr Knowitall » Mo 9. Apr 2012, 17:39

Ich sags mal so: ich versuche meine Sicht so darzulegen, dass mein Gegenüber gezwungen ist, wenigstens über sie nachzudenken.
Wenn ich den Eindruck habe, das jemand meine Argumentation nicht nachvollziehen will (sich blöd stellt), aber geistig durchaus dazu in der Lage wäre, werde ich schon mal ungehalten. Ich lasse mich nicht gern verkohlen!

1) Selbst ein überzeugter Nazi kann theoretisch berechtigte und stichhaltige Kritik an Israels Regierung äußern. Praktisch ist das natürlich sinnlos und völlig unmöglich. Man müsste zwischen Inhalt und Sender trennen. http://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Seiten-Modell
An Grass Stelle sollte man wohl eher still sein, weil das völlig kontraproduktiv ist, sich als Ex-SSler sich so zu äußern.

2) Das ist natürlich totaler Blödsinn! Dadurch dass manche auch berechtigte Kritik als antisemitisch bezeichnen, stellen sie sich auf Dauer selbst ins Abseits. Der israelischen Rechten tun sie damit keinen Gefallen.

3) :dontknow:

Falls du das nicht kennst. Ich fand das sehr interessant.
http://www.youtube.com/watch?v=ZQclvwOepw8

Han Solo

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Han Solo » Mo 9. Apr 2012, 18:17

Interessant an der ganzen Sache ist, dass Grass den Iran, die NPD, israelische Historiker und Ex-Botschafter und deutsche Friedensaktivisten als Fürsprecher hat. So eine Kombination erlebt man selten.

buttrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon buttrock » Mo 9. Apr 2012, 19:34

gar nichtmal so ungewöhnlich

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Cat Carlo
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Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Cat Carlo » Mo 9. Apr 2012, 20:21

buttrock hat geschrieben:Wenn man jemandem das Brechen eines Tabus (moralisch,politisch etc) vorwirft, so wird das für denjenigen negativen Folgen haben. Das ist jetzt nicht so brutal überraschend, dass ich dazu ein Gedankenexperiment brauche. Das ist nämlich banal. Worum es (mir) doch hier geht ist doch komplexer:
1) War Grass' Kritik legitim oder anrüchig.
2) Ist Kritik an Israel in jeder Form antisemitisch und damit tabu.
3) Wie sieht die Rezeption von Grass aus und wie verhält sich Grass dazu.


zu 1)
Sie ist legitim. Also rechtmäßig. Er verstößt gegen keine Gesetze. Aus meiner Sicht auch moralisch. Moral ist eine persönliche Sache

zu 2)
Wenn ich jemanden von jeder Kritik freistelle, führt das irgendwann zu Mißbrauch. So sind Menschen. Und Juden sind ebend Menschen, wie alle anderen auch. Etwas anderes zu sagen, wäre dann antisimitisch. Ja auch die positive Aussage ist antisimitisch. Jedenfalls hat man das auch Sarrazin vorgeworfen, der den Juden eine höhere Intelligenz zugeschrieben hat. Aber zum Mißbrauch: es geht um Kritik am Staat, an der führenden Klasse. Der sind, wie in jedem anderen Staat, auf Grund ihrer Machtgeilheit, alle Mittel zum Machterhalt und Machtgewinn recht. Hier die Möglichkeit einzuräumen, Kritik zu tabuisieren, öffnet dem Faschismus Tür und Tor. Aber vielleicht sympatisiert ja mancher heimlich damit?

Noch was zum Tabu als solches: Einem intellektuellem Geist sind Tabus ein Graus, man muß auch das undenkbare denken und diskutieren können. Ich rede nicht vom Machen! Nur der alte, träge Geist, der in seiner Denkfaulheit nur noch bewahren möchte, der Angst vor jeder Veränderung hat, Angst vor seinem Machtverlust, der heiligt den Tabus. Womit wir wieder bei Faschismus wären.

zu 3)
Schreibfehler? Meintest Du Reputation. Egal. Die Diskussion hat ihren Urheber längst überrollt. Es geht nicht mehr um ihn, egal was er noch dazu sagt. Es geht darum, dass Menschen sich anfangen zu verständigen, über die köpfe ihrer Meinungsmacher hinweg. Und vielleicht, hoffentlich, hilft dies, einer friedlichen Lösung ohne Blutvergießen näher zu kommen. Das dies den Meinungsmachern aud den Sack geht, ist verständlich. Aber da muß man dann auch mal zutreten können!

Gruß vom Kater

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Capridriver
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Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Capridriver » Mo 9. Apr 2012, 20:55

Ich denke schon, dass er Rezeption meinte. Ein auch gerne in der Systemtheorie (Kommunikation) gebrauchter Begriff. Bezeichnet weithin die Übernahme von (Gedanken-)Gut.

buttrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon buttrock » Di 10. Apr 2012, 08:44

Tatsaechlich meinte ich Rezeption und damit die Einordnung,Aneignung und Bewertung von Grass' Gedicht und seinem Inhalt in den "Medien" und der "Oeffentlichkeit". Grass hat ja von "interessanter" Seite Beifall bekommen. Zumindest fuer mich war das auch ueberhaupt nicht ueberraschend.

Zum Rest kann ich nur sagen, dass ich komplett anderer Meinung bin. Ich denke zum Beispiel nicht, dass der Tabubruch an sich eine intellektuelle Leistung ist oder einen Wert an sich hat.

exaja

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon exaja » Di 10. Apr 2012, 11:24

In manchen Fällen ist Tabubruch bestimmt auch eine intellektuelle Leistung, einen Wert hat er sicher.
Wenn Tabus immer sachlich begründet wären, wäre das nicht so. In vielen Fällen sind Tabus aber aber aus damals sicherlich gut begründeteten Verhaltensweisen entstanden, die dann von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Oft haben sich aber die Rahmenbedingungen geändert, und diese Tabus haben ihren Sinn verloren.
Also, weg damit.
Auch wenn das jetzt sicherlich nie sachlich begründet werden konnte, denke ich durchaus auch an kleine Sachen, wie zum Beispiel den ersten gemischtrassigen Kuss im Fernsehen (Star Trek). Jedenfalls im Nachhinein betrachtet, klein. Damals sehr gewagt.

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Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Mr Knowitall » Di 10. Apr 2012, 11:31

"Es werden die Provokationen gelobt, die erkennbar folgenlos sind." (Silo Tarrazin)

buttrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon buttrock » Di 10. Apr 2012, 12:36

Ausserhalb Migrations- und Israeldebatten ist der Deutsche an sich aber gar nicht mal sooo tabubrecherisch veranlagt.

exaja

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon exaja » Di 10. Apr 2012, 12:42

Das soll ja auch nicht analog dem Pfadfindermotto, "Jeden Tag eine gute Tat", erfolgen. :-)

buttrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon buttrock » Di 10. Apr 2012, 12:44

Was ich sagen wollte ist ,dass dummes Zeug dummes Zeug ist, auch wenn es ein vermeintliches Tabu bricht.

exaja

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon exaja » Di 10. Apr 2012, 12:51

Stimmt.
Und manches Tabu ist eben auch dummes Zeug. :mrgreen:

Schnabelrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Schnabelrock » Di 10. Apr 2012, 13:36

Grass hat wohl etwas Inopportunes gesagt.

Stufe zwei ist dann - hier und allgemein - das übliche Aufheulen der Berufslobbyisten.

Hecky

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Hecky » Di 10. Apr 2012, 13:45

Nossa, :closed:

linus
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Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon linus » Di 10. Apr 2012, 13:52

Was mich hauptsächlich an Grass stört, ist, daß er ein zweites mal in Folge (zuletzt bei Veröffentlichung seines unsäglichen letzten Werkes "Vom Häuten der Zwiebel) bewußt die Öffentlichkeit "schockiert" (wissend, was immer funktioniert..), um seine Veröffentlichung verkaufstechnisch zu pushen. So gesehen weiß der Kapitalismuskritiker diesen perfekt für sich zu nutzen :twisted:

Josef K

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Josef K » Di 10. Apr 2012, 14:21

Was ist eigendlich verkehrt daran, wenn der Iran die Atombombe hätte? Im Kalten Krieg hat die gegenseitige 'Abschreckung' ja augenscheinlich auch funktioniert........

buttrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon buttrock » Di 10. Apr 2012, 14:28

Schnabelrock hat geschrieben:Grass hat wohl etwas Inopportunes gesagt.

Stufe zwei ist dann - hier und allgemein - das übliche Aufheulen der Berufslobbyisten.


Der Mossad zahlt einfach zu gut, da muss ich meinen Teil leisten.
Zuletzt geändert von buttrock am Di 10. Apr 2012, 16:48, insgesamt 1-mal geändert.

buttrock

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon buttrock » Di 10. Apr 2012, 14:36

Josef K hat geschrieben:Was ist eigendlich verkehrt daran, wenn der Iran die Atombombe hätte? Im Kalten Krieg hat die gegenseitige 'Abschreckung' ja augenscheinlich auch funktioniert........

Funktioniert nur wenn beide Staaten ein Zweitschlag-Potential haetten. Das ist dort nicht der Fall. Ein Nuklearangriff auf Israel waere auf Grund der kleinen Flaeche verheerend und koennte unter Unstaenden nicht mehr beantwortet werden, da im Prinzip das Land funktionsunfaehig waere.

Hecky

Re: Das Gedicht von Günter Grass

Beitragvon Hecky » Di 10. Apr 2012, 14:38

Josef K hat geschrieben:Was ist eigendlich verkehrt daran, wenn der Iran die Atombombe hätte? Im Kalten Krieg hat die gegenseitige 'Abschreckung' ja augenscheinlich auch funktioniert........


Nossa, wenn ich das richtig verstanden habe, hat der Iran den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben ...


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