Naja, da unterscheiden wir uns wohl ein wenig. Für MICH ist die harmonische Struktur durchaus nicht unerheblich, genauso wie der Rhythmus und die Klangfarbe. Wir hatten das ja schon zigmal (Stichwort Bruckner

). Ich kann doch auch einen "ästhetischen Reiz" empfinden, wenn ich höre (!): "Oh, da hat er aber eine schöne unerwartete b9 gespielt" oder "dass er gerade jetzt auch noch Triolen spielt, haut mich um" usw.
Es gibt Leute, die hören eben nur mit dem Schwanz

, und es gibt Leute, die "intellektuell" hören. Bei vielem sog. Indie-Zeug kann ich mir vorstellen, dass die Musik einen schwanzmäßig kickt, aber rein intellektuell macht mich das meiste überhaupt nicht an. Das allgemeine Problem heutzutage (die Jugend, die Medien, die Ausbildung, die Charts, alles!) ist m.M.n, dass die (meisten) Leute nur noch schwanzgesteuert Musik hören. Dann heißt es wieder "entweder es kickt mich oder nicht", dann kommt so ein Schwätzer wie ich und erzählt was von Objektivität in der Musik und behauptet, eine Bruckner Symphonie ist wertvoller als AC/DC und alles geht wieder von vorne los...
Mein Standpunkt, aus Überzeugung, als im Kantischen Sinne aufgeklärter Mensch:
Musik ist nicht nur Schwanz-, sondern v.a. auch Kopfsache! Gerade die abendländische Musikgeschichte ist eine Entwicklung des benutzten Kopfes!!! Wir hätten sonst heute noch keine Mehrstimmigkeit (wie sie eben zum Beispiel in Indien, Arabischer Raum, Afrika fehlt)! Damit will ich andere Musikkulturen nicht abwerten (Hey, ich bin Nebenfach-Ethnologe

), sondern nur sagen, dass es eben TYPISCH für die westliche Musik ist, bei der Rezeption auch den Kopf zu benutzen, das ist unsere Tradition, gewissermaßen. In den letzten 100 Jahren hat sich da aber einiges getan (Tonträger, Massenmedien, musikalische Volksverblödung...), weshalb man heute mit so einem Standpunkt wie ein Außerirdischer angeschaut wird.
Ich höre jetzt lieber auf...