Beitragvon Reinhardt » Fr 25. Nov 2022, 13:03
Ich hatte mal die Ehre, über einige Zeit mit hochklassigen Fußballern (2. und 3. Liga) als Futsal-Torwart in einer Art Firmenmannschaft spielen zu dürfen. Ich will mal so sagen: Die Erfordernisse, das Tempo und der Entscheidungsdruck sind ab einer gewissen Spielklasse so, dass sie von Strumpfkickern wie unsereins nur allzu großspurig beurteilt werden und man sollte vorsichtig sein mit harscher Kritik. Man maßt sich ja auch nicht an, die Steuertechnik eines Astronauten bei der Landung eines Space Shuttles beurteilen zu wollen, nur weil man mal nach Malle geflogen wurde oder Auto fahren kann.
Das vorausgeschickt sage ich daher vorsichtig:
Schlotterbeck hat etwas Beckenbauereskes. Sowohl im manchmal haarsträubenden Schlendrian als aber auch im Talent für die Verteidigerposition im Raum und ein unglaubliches Auge für Passkorridore.
Außenverteidiger ist Süles Sache eher weniger. Eine Abseitsfalle zu verpennen, nun, das sollte nicht passieren, passiert aber dann doch, wenn man wo rumläuft, wo man sich nicht aufgehoben fühlt.
Das 2:1 geht also zu 60 % auf seine Kappe. Die restlichen 40 % teilen sich Neuer und Schlotti. Anteile?
Schlotti, der also einziger noch in der Lage ist, die verkackte Abseitsfalle halbwegs zu bereinigen, pokert, indem er durch das versetzte Begleiten den Fintenweg des Gegners nach innen zumacht und den Tempoweg zum spitzen Winkel anbietet. Er weiß ja in dem Moment nicht, wer in der Mitte an Freund und eher Feind alles mitgelaufen ist, er nimmt daher an, von DFB-Spielern keiner, da ja alle Abseits stellten. Keine schlechte Idee also an sich, da so nur ein ungünstiger spitzwinkliger Schusskorridor von nicht mal einem halben Quadratmeter hoch in den kurzen Winkel übrig bleibt. Der ist Sache des Torwarts. Der Ball kommt genau da hin (klappt auch bei Profis in der Situation von 10 Tempoläufen nur einmal), der Ball ist drin. Es ist also eher keine Preisfrage, wen mehr Schuld trifft. Als schlechter Torwart sage ich: Den sollte ein Weltklassetorwart doch eher haben.
Aber auch Sportjournalisten sind schnell dabei, zu rufen, Süle und Schlotti müssen weg.
Ich finde, da stimmte eher die gesamte Balance in der Raumaufteilung aufgrund der Aufstellung nicht. Ein Profi spürt das instinktiv oder offensichtlich, das trägt auch noch zur Verunsicherung bei, wenn dann das Spiel zu kippen droht.
Ob man Typen wie Schlotterbeck von ihrem Spielstil in einer Mannschaft haben will je nach Ausrichtung auf Sicherheit oder Hurrafußball, ist wieder eine andere Geschichte.
Normal wäre eine solche Mannschaft mit begnadeten Offensivspielern in der Lage, wenn alles passt, in jedem Spiel vier Tore zu machen (und hätte sie hier ebenfalls müssen). Dann kann man mal einen Elfer oder eine vergeigte Abseitsfalle verkraften. Ob man mental zu einem so stark beanspruchenden Spiel in der Lage ist, kann man allerdings nach wiederholtem Auftreten dieser Dramaturgie bezweifeln.